Art suchen:
Bundesland auswählen:

Tachybaptus ruficollis (Pallas, 1764) / Zwergtaucher (Sachsen)

Synonyme


Podiceps ruficollis

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
Rote Liste Deutschland:* (derzeit keine Gefährdung)
Rote Liste Sachsen:V (zurückgehende Art lt.Vorwarnliste, zurückgehende Pflanzengesellschaften (keine Gefährdungskategorie!))

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

9 Unterarten, in Europa brütet die Nominatform Tachybaptus ruficollis ruficollis (Pallas, 1764)

Kennzeichen

Der Zwergtaucher ist der kleinste einheimische Taucher, er ist etwa drosselgroß. Die Art hat eine rundliche Gestalt sowie einen kurzen Hals und Schnabel. Im Brutkleid ist die Körperoberseite schwarzbraun, Kopfseite und Vorderhals sind rotbraun. Auffallend ist der gelbliche Fleck am Schnabelwinkel. Im Schlichtkleid ist die Körperoberseite dunkelbraun. Unterhals und Brust sind hellbraun. Die Körperunterseite ist weißlich. Die Geschlechter sind nach Färbung und Gestalt kaum zu unterscheiden.

Biologie und Ökologie

Der Zwergtaucher brütet an kleineren Standgewässern mit dichter Verlandungszone. Im Winter nutzt er auch größere Stillgewässer und Flüsse. Er lebt in saisonaler Monogamie (1-2 Jahresbruten, oft auch Schachtelbruten). Zur Brut werden verankerte Schwimmnester ufernah auf offener Wasserfläche oder in der Verlandungsvegetation gebaut. Die zumeist 5-6 Eier werden 20-21 Tage bebrütet. Mit 44-48 Tagen sind die Jungvögel flügge.
Als Nahrung dienen Insekten, Mollusken, Krebse, Kaulquappen und vor allem im Winterhalbjahr auch kleine Fische.
Der Zwergtaucher ist Standvogel und Teilzieher. Wanderungen bzw. Kälteflucht finden auch noch im Mittwinter statt. Die Überwinterungsgebiete reichen bis in den Mittelmeerraum.

Überregionale Verbreitung

Die Brutverbreitung des Zwergtauchers reicht von West- und Mitteleuropa über Südwestasien und Indien bis nach China und Japan sowie über Südostasien nach Neuguinea. Außerdem besiedelt die Art große Teile Afrikas sowie Madagaskar. In Europa kommt der Zwergtaucher mit Lücken mehr oder weniger flächendeckend vor. Die Art fehlt in Nord- und Nordosteuropa. Die nördlichsten Vorkommen liegen an der atlantischen Küste Norwegens, in Südschweden, Südfinnland und Estland.
In Deutschland ist der Zwergtaucher annähernd flächendeckend verbreitet. Verbreitungsschwerpunkte sind die pleistozänen Seenlandschaften, Teichgebiete und Abbaurestgewässer des Nordostdeutschen Tieflands. Im übrigen Deutschland ist die Verbreitung etwas lückiger. Größere Verbreitungslücken bestehen vor allem in höheren Mittelgebirgen, z. B. in den Westlichen Mittelgebirgen, im Schwarzwald, in der Schwäbischen Alb, im Bayerischen Wald und im Erzgebirge.

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

günstig

Prüfung und Erfassung


Verantwortlichkeit (Sachsen)

Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 5,8 %

Hinweise für Artenschutzprüfung

  • Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
  • Gemeindegebiet als Bezugsraum für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfung

Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung

Brut- und Gastvogelaspekt

Untersuchungsstandards

Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweis: An großen oder unübersichtlichen Gewässern mit ausgedehnten Verlandungszonen ist der Einsatz einer Klangattrappe notwendig.

Sonstige Arten-Attribute

  • Brutvogelart des SPA-Fachkonzeptes (im weiteren Sinne, Tab. 3)
  • Wasservogelart des SPA-Fachkonzeptes (Tab. 4)
  • Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
  • Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)

Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)

  • als Brutvogel: III.7 (mittel)
  • als Gastvogel: III.7 (mittel)

Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)

  • als Brutvogel: 4 (gering)
  • als Gastvogel: 4 (gering)

Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)

  • als Brutvogel: 4 (relativ hoch)
  • als Gastvogel: 4 (relativ hoch)

Vorkommen


Status Etablierung

Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

Status Vögel

Brutvogel, Gastvogel

Bemerkung zum Status

Jahresvogel, Sommervogel, Durchzügler, Wintergast

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

  • gleichbleibend
  • mäßiger Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend

  • gleichbleibend
  • deutliche Zunahme

Bestand

Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 500-1000 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 700-1100 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 800-1200 BP (Brutvogelkartierung 3)

2016: 700-1100 BP (Expertenschätzung) 

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Naturraumkarte

Naturraumkarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Erläuterung Phänologie

In Sachsen werden die Brutreviere ab Ende März/Anfang April besetzt. Mit der ersten Brut wird selten schon im April, meist erst im Mai/Juni begonnen. Erste Familien mit Jungen werden im Mai beobachtet. Zweitbruten können von Ende Juni bis Anfang August stattfinden. Zuweilen werden die Brutplätze (z. B. nach einer späten Bespannung von Fischteichen) erst im Juni oder Juli bezogen. Solche Paare führen erst im Juli und August Junge. Ab Ende Juli und im August sammeln sich Jung- und Altvögel auf der offenen Wasserfläche. Der Durch-/Wegzug ins Winterquartier beginnt Ende September und erstreckt sich bis Anfang Dezember. Regelmäßig überwintern Individuen an eisfreien Gewässern (insbesondere an Fließgewässern wie Elbe, Mulde, Neiße sowie an großen Bergbaurestseen) (Steffens et al. 1998, 2013).

Lebensraum


Der Zwergtaucher brütet an stehenden Gewässern aller Art im Flach- und Hügelland (im Bergland bis 550 m ü. NN) mit Vorkommensschwerpunkten in den Teichgebieten und Bergbaurestgewässern der Lausitz und Nordwest-Sachsens. Die Art bevorzugt kleinere Standgewässer ab 0,2 ha mit reicher Verlandungsvegetation (Schilf, Seggen, Binsen oder dichte Schwimmpflanzenbestände). Das Gewässer sollte vorzugsweise eine geringe Wassertiefe (30-70 cm) und einen schlammigen Untergrund (aber klares Wasser) aufweisen. Im Winter kommt der Zwergtaucher auch an größeren, vegetationsarmen Standgewässern sowie an Flussläufen vor.

Lebensräume nach Artenschutzrecht

Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist das Brutrevier mit Brutnest und brutzeitlichem Hauptaktivitätsraum (Balz, Jungenaufzucht).

Ruhestätten:
Die Ruhestätten liegen während der Brutzeit im Bereich der Fortpflanzungsstätte. Adulte Zwergtaucher schlafen auf dem Brutnest, auf speziellen eigens gebauten Schlafnestern bzw. Schlafplattformen, auf Nestern anderer Arten oder auch schwimmend im Wasser. Dunenjunge ruhen und schlafen anfangs im Brutnest, später in Schlafnestern und zwischenzeitlich häufig auf dem Rücken der Eltern. Regelmäßig frequentierte Rast- und Mausergewässer gehören ebenfalls zu den Ruhestätten.

Habitatkomplexe

  • Bergbaubiotope
  • Fließgewässer, Quellen
  • Moore
  • Stillgewässer inkl. Ufer

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Bergbaubiotope
  • Moore
  • Stillgewässer inkl. Ufer

Höhenstufen

  • collin
  • montan
  • planar

Sonstiges


Literatur

Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)

Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Nonpasseriformes – Nichtsingvögel. AULA-Verlag, Wiesbaden.

Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.

Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.

Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)

Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.

Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.

Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.

http://de.wikipedia.org/wiki/Zwergtaucher

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG

Stand: 02.02.2022

Erstbearbeitung: 22.08.2016; Bearbeiter: Michael Reuter, Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022

Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.

Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html

Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html

Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html

Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de