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Spiraea tomentosa L. / Gelbfilziger Spierstrauch (Sachsen)

Synonyme


Filziger Spierstrauch, Spiraea chamaedryfolia var. ulmifolia (Scopoli) Maximowitsch

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Rote Liste Sachsen:(*)

Allgemeine Arteninformationen


Kennzeichen

Sommergrüner Zierstrauch mit braunfilzigen Jungtrieben und grob gesägten, wechselständigen, an dicht stehenden Zweigen angeordneten Blättern, deren Unterseite mit einem gelblich-bräunlichen Filz bedeckt. Strauch bis 1,20 m hoch. Blütenstände breit pyramidal. Blüten zwittrig, rosenrot, selten weiß. Früchte dicht behaart. Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen behaarten, mehr oder weniger rot blühenden Sippen, z. B. S. salicifolia, S. x billadii oder S. douglasii.

Biologie und Ökologie

Wuchsverhalten: Einzelexemplare bis hin zu großflächigeren, artenarmen Beständen
Vegetative Ausbreitung: Über Ausbildung von Rhizomen, die sich sehr oberflächennah und horizontal im Bodenraum ausbreiten, Polykormone bildend; mit Knospen besetzte „Wurzelknoten“ zur Ausbildung neuer Sprosse und Ausläufer; Wurzelstruktur verbindet Pflanzen und ermöglicht Austausch und Versorgung von Nährstoffen an Rameten (Teilpflanzen) mit ungünstigeren Standortbedingungen; hohe Regenerationsfähigkeit: kann unter ausreichender Wasserversorgung aus nur 10 cm langen Wurzelfragmenten neue Sprosse bilden
Generative Ausbreitung: Zahlreiche und gut keimfähige Samen, bedürfen keiner Stratifikation, Keimung nicht an besondere Standortfaktoren bezüglich des Bodens gebunden
Verbreitungswege: Verbreitung sowohl über Wind als auch über Wasser ist aufgrund der Samen-Morphologie möglich, zudem können ihre behaarten Samen über Tierfelle verbreitet werden.

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Östliches Nordamerika
Aktuelle Verbreitung in Europa: Außer in Deutschland in Dänemark (und Slowakei? vgl. Tutin 1968).
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: Der Vorkommensschwerpunkt in Deutschland liegt in der Oberlausitz. Weiteres Vorkommen aus Hessen bekannt. Häufige Verwechslungen und Fehlbestimmungen durch große Ähnlichkeiten der Arten und Hybriden führen zu einer unzureichenden Kenntnis der Verbreitung in Deutschland.

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota, etabliert

Bemerkungen Neobiota

(*) Neobiota etabliert, stabil oder in Ausbreitung befindlich

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

Aktuelle Verbreitung in Sachsen: mäßig häufig im Oberlausitzer Tief- und Hügelland. Ausgedehnte Spiraea-Bestände innerhalb der Kernzone „Daubaner Wald“ des Biosphärenreservates „Oberlausitzer Heid- und Teichlandschaft“

Verbreitung und Einbürgerung

Einbürgerungszeit: 1736 in Kultur nach Europa (England) eingeführt, bereits um 1900 in der Oberlausitz angepflanzt und stellenweise verwildert
Einbürgerungsgrad in Sachsen: regional neuheimisch, d. h. auch in naturnaher Vegetation etabliert und sich haltend; in der Oberlausitz deutschlandweit einziges etabliertes und invasives
Vorkommen Einbürgerungsweise: Auspflanzung als Zierstrauch und Verwilderung; von Imkern als Bienenweide in der freien Landschaft kultiviert

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Lebensraum im Herkunftsgebiet: Im natürlichen Verbreitungsgebiet in Pflanzengesellschaften, die auf Standorten mit temporärer Überflutung, jahreszeitlich bedingten hohen Grundwasserständen oder Wechselfeuchte vorkommen, d. h. bevorzugt Moorgebüsche, Ufer- u. Verlandungsbereiche stehender Gewässer.
Lebensraum in Sachsen: Im Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet in bodenfeuchten Wäldern (v. a. Kieferwäldern mit vereinzelten Birkenbeständen) und Gebüschen, an Wegrändern und Teichufern, teilweise in Mooren auftretend, in den letzten Jahren auch in Frisch-, Feucht- und Nasswiesen eindringend. Die Standorte in der Oberlausitz zeichnen sich durch Besonderheiten aus, die den natürlichen biotischen und abiotischen Gegebenheiten im ursprünglichen Verbreitungsgebiet sehr ähnlich sind (hohe Bodenfeuchte und Kiefernwälder mit unvollständigem Kronenschluss).

Ökologische Charakterisierung

  • Moore
  • Nadelwald
  • Offene Landschaft, Feuchthabitate
  • Ufer

Höhenstufen

  • collin
  • planar

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung: Im Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“ dringt die Art in geschützte Biotoptypen ein, die gefährdet oder stark gefährdet sind (Buder 1999) wie Röhrichte, Binsen-Waldsimsen-Schachtelhalmsumpf, Nasswiesen, magere Frischwiesen sowie Seggen- und Binsenreiche Feuchtweiden. In diesen Biotoptypen werden z. T. stabile Reinbestände gebildet und dadurch typische, darunter auch gefährdete und besonders geschützter Pflanzenarten, z. B. Mittlerer Sonnentau (Drosera intermedia) verdrängt.

Wirtschaftliche Beurteilung: nicht untersucht

Negative gesundheitliche Auswirkungen: keine gesundheitlichen Auswirkungen bekannt oder zu erwarten

Wissensdefizite in Sachsen: Ausbreitungsgeschwindigkeit, Dauerhaftigkeit etablierter Bestände, Ausbreitungsverhalten außerhalb von Feuchtbiotopen, geeignete Eindämmungs-, Rückdrängungs- bzw. Bekämpfungsmaßnahmen, wirtschaftliche Bedeutung.

Fazit für Sachsen: Dieser attraktive und als Bienenweide genutzte Zierstrauch kann nach flächenhafter Etablierung in naturnahen Biotopen lokal bis regional naturschutzfachlich erhebliche Probleme bereiten, die Handlungsbedarf zum Management in zahlreichen Einzelfällen bedingen. Die Art ist geeignet als Modellobjekt für andere Spiraea-Arten und -Hybriden.

Management

Präventive Maßnahmen: Keine Neuanpflanzungen

Bekämpfungsstrategien: Zurzeit keine wissenschaftlich fundierte Empfehlung möglich: Projekte, die Untersuchungen zu Auswirkungen von Mahd sowie einer Beweidung mit Schafen und Ziegen oder einer Kombination beider Verfahren zum Inhalt hatten, zeigten hinsichtlich des Spirea-Aufkommens keinen Erfolg.

Handlungsbedarf: Der Handlungsbedarf für ein Management ist in vielen Einzelfällen gegeben. Günstig sind frühzeitige Bekämpfungsmaßnahmen. Daher ist die sofortige Meldung von Vorkommen an die Untere Naturschutzbehörde des zuständigen Landkreises oder der zuständigen kreisfreien Stadt (UNB) notwendig. Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.

Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm ; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm

Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/ida

Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf für ein Management in zahlreichen Einzelfällen vorhanden

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Burkhart, B. (2003): Der Einfluss von Schafen, Ziegen und Elchen auf die Vegetation des ehemaligen Panzerschießplatzes Dauban. In: Konold, W., Burkart, B. (2003): Offenland & Naturschutz. Culterra 31.
Gutte, P. (2006): Flora der Stadt Leipzig einschließlich Markkleeberg. Weissdorn-Verlag, Jena, 278 S.
Gutte, P., Hardtke, H.-J., & Schmidt, P. (2013): Die Flora Sachsens und angrenzender Gebiete. Ein pflanzenkundlicher Exkursionsführer. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 983 S.
Hardtke, H.-J., Ihl, A. (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. In: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Dresden. 806 S.
Hardtke, H.-J, Klenke, F. & Müller, F. (2013): Flora des Elbhügellandes und angrenzender Gebiete. Sandstein-Verlag Dresden, 718 S.
Kott, S. (2006): Kartierung der Spiraea- Arten und Hybridkomplexe in der Kernzone „Daubaner Wald“ des Biosphärenreservates „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“ unter besonderer Berücksichtigung der Standortverhältnisse - sowie Untersuchungen zum Regenerations- und Reproduktionsverhalten. Dipl. Arbeit, Hochschule Zittau/Görlitz (FH).
Kott, S. (2009): Neophytische Spiraea-Arten in der Kernzone „Daubaner Wald“ des Biosphärenreservats „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft“. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz 17; 21-36.
Schmidt, P. A. & Klausnitzer U. (2001): Die Baum- und Straucharten Sachsens – Charakterisierung und Verbreitung als Grundlagen der Generhaltung. Schriftenreihe der Sächsischen Landesanstalt für Forsten 24.
Schmiedel, D.; Winter, S. & Wilhelm, E.-G. (2012): Neobiota in Sachsen. Vorkommen und Ausbreitungspotential. Technische Universität Dresden. https://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&frm=1&source=web&cd=3&ved=0CC0QFjAC&url=https%3A%2F%2Fwww.smul.sachsen.de%2Fsbs%2Fdownload%2F05_TU_Dresden_Neobiota.pdf&ei=hADjVPSJDYrTaIKrgKAH&usg=AFQjCNEPgEMJKMf3n7oNVu6bipp-BbQJfA
Walczak, C. (2001): Erfassung und Bewertung des aktuellen Waldzustandes im Totalreservat „Daubaner Wald“ und Vorschläge zur weiteren Entwicklung. Dipl. Arbeit, TU Dresden, Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften.

Weiterführende Literatur:
Brunk, I, Beier, W., Burkhart, B., Hinrichsen, A.; Oelschlaeger, S., Prochnow, A. Saure, Chr., Vorwald, J. Wallschläger, D. & Zierke, I. (2004): Beweidung mit Haustieren. In: Anders, K., Mrzljak, J., Wallschläger, D. & Wiegleb, G. (Hrsg.): Handbuch Offenlandmanagement am Beispiel ehemaliger und in Nutzung befindlicher Truppenübungsplätze. Berlin, Heidelberg, New York; Springer. S. 109.
Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart, 492 S.
Nehring, S., Kowarik, I., Rabitsch, W. & Essl, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352. http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf
Schmidt, P. A. (1983): Bestimmungsschlüssel für Spiersträucher mit rispigen Blütenständen (Arten und Hybriden von Spiraea, Sect. Spiraea). Mitteilungen floristische Kartierung, Halle, 9, 1/2.
Schmidt, P. A. & Hecker, U. (2009): Taschenlexikon der Gehölze. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter. Wiebelsheim: Quelle & Meyer. 665 S.
Tutin, T. G. (1968): Flora Europaea II. Cambridge, 455 S. 

Links:
http://www.neobiota.de , abgerufen am 10.02.2015
http://www.korina.info , abgerufen am 10.02.2015

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 05.07.2015; Erstbearbeitung: Prof. Dr. P. A. Schmidt, Dr. E.-G. Wilhelm
Überarbeitung: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm