Orconectes limosus Rafinesque, 1817 / Kamberkrebs

Synonyme


Cambarus affinis (Amerikanischer Flusskrebs), Cambarus affinis, SEY, Amerikanischer Flußkrebs

Allgemeine Arteninformationen


Kennzeichen

• Gehört zu den kleineren Krebsarten und wird nur maximal 12 cm lang und bis 65 g schwer
• Weibchen bleiben etwas kleiner, Geschlechterunterschied weniger offensichtlich als beim Edelkrebs, Scheren bleiben auch bei ausgewachsenen Männchen proportional genau so klein wie bei den Weibchen
• Körperfärbung ist hell gelbbraun bis rötlich mittelbraun; charakteristisch sind die rotbraunen Querbinden auf jedem der Hinterleibssegmente (in nährstoffreichen Gewässern durch Bewuchs und Verschmutzung des Körpers nicht immer sichtbar)
• Unterseite der Scheren sind schmutzig weiß bis leicht beige, die Scherenspitzen orangegelblich, jeweils mit einem schwarz-bläulichen Ring zur Schere abgegrenzt, Scheren stark bedornt
• an der Innenseite des Ansatzgliedes der Schere (Carpus) ist deutlich der für Cambaridae (einer Familie der Flusskrebse) typische Dorn erkennbar
• einteilige Augenleiste
• deutlich vor der Nackenfurche liegende Dornenfelder auf beiden Seiten des Kopfes
• Rostrum („Krebsnase“) ungekielt mit fast parallel zueinander verlaufenden Seiten und einer spitzen Stirnspitze (Apex)

Biologie und Ökologie

• im Gegensatz zu den heimischen Arten auch tagaktiv
• erreichen der Geschlechtsreife im 2. Jahr, maximales Alter 4 Jahre
• Paarung findet hauptsächlich im Herbst statt, kann aber auch im zeitigen Frühjahr erfolgen
• Sperma wird vom Männchen mit den Begattungsgriffeln im Annulus ventralis (Spermaspeicher) des Weibchen bis zur Eiablage im Frühjahr deponiert
• Nach der Befruchtung der durchschnittlich 200-400 Eier schließt sich eine Tragzeit von 5-6 Wochen an, wobei nur 100 Eier zur Entwicklung gelangen, die Jungkrebse schlüpfen im Mai bis Juni
• Ernährung omnivor (Allesfresser), Nahrungsspektrum reicht von Wasserpflanzen und Algen über wirbellose Wassertiere bis zu Fischen, Lurchen und Kleinsäugern, Kannibalismus ist weit verbreitet
• Fressfeinde (Prädatoren): Aal, Forelle, Reiher, Fischotter

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Nordosten der USA und äußerster Südosten von Kanada
Aktuelle Verbreitung in Europa: flächendeckend verbreitet
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: flächendeckend verbreitet

Prüfung und Erfassung


Sonstige Arten-Attribute

  • Invasive gebietsfremde Art der Unionsliste der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 inkl. aller Ergänzungen
  • Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2016/1141 vom 13. Juli 2016
  • Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für gebietsfremde aquatische Pilze, Niedere Pflanzen und Wirbellose Tiere (BfN-Skripten 458)

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota, etabliert

Nachweisabsicherung

Nein

Bestand

Aktuelle Vorkommen in den Flussgebieten der Elbe, der Mulde, der Spree, der Schwarzen Elster, der Weißen Elster und der Neiße. Dort kommt die Art in den unteren Bereichen temperaturbedingt bis zu einer Höhenlage von rund 200 m über NN vor. Durch die gestiegene Wasserqualität ist eine aufwärtsgerichtete Besiedlung (z. B. Hoyerswerdaer Schwarzwasser u. a. Gewässer) zu verzeichnen.

Verbreitung und Einbürgerung

Herkunftsgebiet: Nordosten der USA und äußerster Südosten von Kanada
Aktuelle Verbreitung in Europa: flächendeckend verbreitet
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: flächendeckend verbreitet

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Lebensraum im Herkunftsgebiet: Weichbödige, trübe Flüsse und vegetationsreiche Seen; Vorliebe für schlammige Gewässer (limosus = Schlamm liebend)
Lebensraum in Sachsen:
• strömungsärmere Fließgewässer und Standgewässer der Niederungen
• kann auch in steinigen, klaren und nährstoffarmen Gewässern im Gebirge überleben

Ökologische Charakterisierung

  • Fließgewässer
  • Standgewässer

Höhenstufen

  • collin
  • collin-montan
  • planar

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung: Der Kamberkrebs stellt als Überträger der Krebspest (Aphanomyces astaci) und als direkter Konkurrent eine unmittelbare Bedrohung für die heimischen Flusskrebsarten dar.

Wirtschaftliche Beurteilung: Ergiebige Kamberkrebsbestände können wirtschaftlich erfolgreich vermarktet werden.

Wissensdefizite in Sachsen: Aktuelle Verbreitung.

Fazit für Sachsen: Der Kamberkrebs ist für die einheimischen Flusskrebsarten sehr problematisch aufgrund der aktiven Verbreitung der Krebspest. Die Ausbreitung von nordamerikanischen Krebsarten hält an, auch in höheren Lagen ist mit einer fortschreitenden Gewässerbesiedlung zu rechnen. Damit kann der Krebspesterreger sich mit der fließenden Welle in den Unterstrom ausbreiten. Etablierte Vorkommen des Kamberkrebses können kaum mehr beseitigt werden.

Management

Präventive Maßnahmen: Schutz der autochthonen Flusskrebsbestände durch Besatzverbot (Hegeverpflichtung nach Sächsischem Fischereigesetz [SächsFischG] und Sächsischer Fischereiverordnung [FischVO]). Eine Aufklärung über das strikte Besatzverbot mit gebietsfremden, nordamerikanischen Flusskrebsen ist notwendig.

Bekämpfungsstrategien: Eine Ausrottung dieser eingebürgerten Art ist nicht mehr möglich.

weitere Managementmaßnahmen:  Eine Bestandsdezimierung in größeren Gewässern oder einem -abschnitt kann nur durch eine intensive Befischung mit den Mitteln der Berufsfischerei erfolgen. Nur aus ablassbaren Teichen und kleinen Bächen ist eine Entfernung der Art bisher mit hohem Aufwand gelungen.

nicht zu empfehlende Maßnahme: Der Einsatz von Elektorzäunen ist nicht empfehlenswert, da diese Maßnahme nicht selektiv wirkt (Scheibner et al. 2015).

Handlungsbedarf: Aus Gründen des Naturschutzes besteht eine Notwendigkeit zum Eindämmen der weiteren Ausbreitung. Da keine Tilgungsmaßnahmen bekannt sind, deren Erfolgsaussichten im günstigen Verhältnis zum Aufwand stehen, muss für Managementmaßnahmen eine Einzelfallbetrachtung erfolgen.

Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm ; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm

Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/ida</p  

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Art als nichtproblematisch oder invasiv eingeschätzt

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Füllner, G., Pfeifer, M. & Zarske, A. (2005): Atlas der Fische Sachsens. Lausitzer Druck- und Verlagshaus GmbH. Bautzen.
Martin, P., Pfeifer, M. (2008): Flusskrebse in Sachsen. LfULG.

Weiterführende Literatur:
Geiter, O., Homma, S. & Kinzelbach, R. (2002): Bestandsaufnahme und Bewertung von Neozoen in Deutschland. Forschungsbericht 296 89 901/01. Texte des Umweltbundesamtes 25/02. Umweltbundesamt.
Scheibner, C., Roth, M., Nehring, S., Schmiedel, D., Wilhelm, E. & Winter, S. (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 2: Wirbellose Tiere und Wirbeltiere. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141/2. Bonn - Bad Godesberg, Landwirtschaftsverlag .
Schäperclaus, W. & v. Lukowicz, M. (1998): Lehrbuch der Teichwirtschaft. Parey Buchverlag.


Links:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kamberkrebs , abgerufen am 20.08.2015
http://www.forum-flusskrebse.org , abgerufen am 20.08.2015
http://www.wirbellose.de , abgerufen am 20.08.2015
http://www.neobiota.info , abgerufen am 29.08.2015

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Erstbearbeitung: 28.03.2010 Dr. Angelika Mann
Stand: 31.08.2015; Uwe Peters (öbv Sachverständiger)
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: ulrich.zoephel@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm;
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23238.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm