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Lestes barbarus (Fabricius, 1798) / Südliche Binsenjungfer (Sachsen)

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
Rote Liste Deutschland:* (derzeit keine Gefährdung)
Rote Liste Sachsen:V (zurückgehende Art lt.Vorwarnliste, zurückgehende Pflanzengesellschaften (keine Gefährdungskategorie!))

Allgemeine Arteninformationen


Kennzeichen

Im Gesamteindruck sehr hell erscheinende Binsenjungfer mit deutlich zweifarbigem Flügelmal. Der Hinterkopf ist scharf abgegrenzt gelb, wie auch bei der Kleinen Binsenjungfer (Lestes virens), den übrigen Vertretern der Familie fehlt der gelbe Hinterkopf. Die Geschlechter sind ähnlich gefärbt, bei ausgefärbten Männchen sind die blauen Farbelemente auf den Flügelzwischenraum und das letzte Hinterleibssegment beschränkt. Die kontrastreiche Färbung des Flügelmales (außen hell, innen dunkel) ausgefärbter Tiere ist einmalig unter den mitteleuropäischen Binsenjungfern und macht die Art unverwechselbar.

Larven und Exuvien ähneln sehr denen anderer Binsenjungfern und sind im Gelände nicht sicher bestimmbar.

Biologie und Ökologie

Lestes barbarus ist eine kennzeichnende Art kleiner Flachgewässer bzw. ausgedehnter Flachwasserzonen mit schwankendem Wasserstand und ± dichter Vegetation. Sie ist in ihrem Entwicklungszyklus an ein längeres sommerliches Austrocknen des Reproduktionsgewässers angepasst. Gelegentlich tritt sie als Pionierart an neu entstandenen Temporärgewässern auf.

Die Entwicklung verläuft meist in einjährigem Zyklus (univoltin). Die Eier überwintern in Eidiapause, die Junglarven schlüpfen im März/April und entwickeln sich in meist 8 Wochen zur Schlupfreife, bei hohen Wassertemperaturen kann die Entwicklung bereits nach 4 Wochen abgeschlossen sein. Nach einer Reifephase von 1–2 Monaten kehren die Imagines aus dem weiteren Umfeld zur Fortpflanzung an das Gewässer zurück. Die Eier werden in senkrechte Pflanzenstengel abgelegt. Die Gewässer im Bereich der Eiablagestellen können zu dieser Zeit völlig ausgetrocknet sein und werden erst im Herbst/Winter wieder überschwemmt.

Einige Individuen sind sehr standorttreu, andere können sich weit vom Herkunftsgewässer ansiedeln. Dieser individuell unterschiedliche Wandercharakter wird außerdem von der Umweltsituation beeinflusst: In regnerischen Jahren (hohe Chancen zur Neubesiedlung) ist die Abwanderungsrate der Individuen höher als in trockenen Jahren (geringe Chancen auf neue Gewässer). Damit erweist sich L. barbarus als Wanderopportunist, der sein Ausbreitungsverhalten der jeweiligen Umweltsituation anpasst (Sternberg & Röske 2000).

Überregionale Verbreitung

Holomediterran verbreitete Art. Südliche Arealgrenze verläuft über Nordafrika, den Nahen Osten und das Kaspische Meer bis zum Altai und zur Mongolei. Vom Mittelmeer ausgehend in Europa nördlich bis zur Nord- und südlichen Ostseeküste vorkommend. Fehlt auf den Britischen Inseln. In Südskandinavien nur sporadisches Auftreten.

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

günstig (Gutachterliche Bewertung)

Hinweise Erhaltungszustand

Die natürlichen Lebensräume in den Überflutungsbereichen der Flüsse sind derzeit in einem ungünstigen Habitatzustand. Es bestehen jedoch zahlreiche Vorkommen in Sekundärhabitaten.

Prüfung und Erfassung


Einstufung nach F+E-Projekt Artenschutzkonzeption 2012

Bestandserhebungen, Gefährdungsanalysen, Priorität 3 (mittlere)

Untersuchungsstandards

Zu einer vollständigen Erfassung werden mindestens 4 Begehungen empfohlen, davon mindestens 2 während der Schlupfzeit (Mitte Juni bis Mitte Juli) mit Suche nach frisch geschlüpften Imagines und Exuvien. Bei mindestens 2 weiteren Begehungen im August bis Mitte September sollte auf eierlegende Paare geachtet werden. Von einzelnen Individuen beflogene Flachgewässer und nasse Senken sind nicht automatisch als Reproduktionsgewässer anzusehen. Reproduktionsgewässer sind über die Beobachtung mehrerer Tiere am gleichen Ort (Status B – Reproduktion möglich), beobachtete Eiablagen (Status C – Reproduktion wahrscheinlich) oder Funde von Exuvien bzw. frisch geschlüpften Tieren (Status D – Reproduktion nachgewiesen) zu identifizieren. Nachweise von Imagines sind teilweise bis in den Oktober hinein möglich.

Vorkommen


Status Etablierung

Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

Langfristiger Bestandstrend

mäßiger Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend

gleichbleibend

Bestand

Verstreute Vorkommen im Tief- und Hügelland mit gehäuftem Auftreten im Mitteldeutschen Braunkohlerevier. Einzelnachweise liegen bis in die mittleren Lagen des Berglandes vor, ab 500 m üNN nahezu fehlend.

Regionales Vorkommen

  • Chemnitz/Ob. Erzgebirge: Nachweis ab 1980
  • Oberes Elbtal/Osterzgeb.: Nachweis ab 1980
  • Oberlausitz/Niederschles.: Nachweis ab 1980
  • Westerzgebirge/Vogtland: Nachweis ab 1980
  • Westsachsen: Nachweis ab 1980

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Fortpflanzungsstätten: Primärhabitate sind vermutlich Auentümpel und periodisch überstaute Flächen in den Auen der größeren Flüsse. Gegenwärtig ist die Art in Sachsen überwiegend in Sekundärbiotopen zu finden, vor allem in der Bergbaufolgelandschaft und anderen Abbaugewässern, in der Verlandungszone von Teichen, an Regenrückhaltebecken und Entwässerungsgräben. Die Art kann auch als Pionier an vegetationsarmen, neu entstandenen Flachgewässern auftreten. Einzeltiere werden gelegentlich auch in untypischen Lebensräumen, z. B. Hochmooren gefunden.

Ruhe- und Jagdstätten: Jagd- und Ruhehabitaten stellen die unmittelbare Ufervegetation und stauden- und grasreiche Offen- und Halboffenbiotope im Umfeld der Gewässer dar. Einzelne Individuen können regelmäßig auch weitab von Gewässern gefunden werden.

Hinweise zur Abgrenzung von Populationen: regionale Abstufung unterhalb der Ebene Landkreis (Teichgruppe, Abbaugewässer, Überschwemmungsfläche)

Habitatkomplexe

  • Bergbaubiotope
  • Feuchtgrünland, Staudenfluren
  • Gehölze, Baumbestand
  • Heiden, Magerrasen
  • Moore
  • Ruderalfluren, Brachen
  • Stillgewässer inkl. Ufer
  • Sümpfe, Niedermoore, Ufer

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Bergbaubiotope
  • Stillgewässer inkl. Ufer
  • Sümpfe, Niedermoore, Ufer

Ökologische Charakterisierung

  • Gewässer
  • Gewässer mit besonderer Struktur
  • Moore
  • Standgewässer
  • Ufer

Höhenstufen

  • collin
  • montan
  • planar

Management


Beurteilung

Besondere Bedeutung kommt dem Erhalt großer, regelmäßig reproduzierender Spenderpopulationen zu. Neben der Sicherung der Vorkommen in Sekundärhabitaten hat v. a. die Aufwertung bzw. Neuschaffung großflächiger Habitate in den Flussauen hohe Priorität.

Management

  • Stabilisierung bzw. Wiederherstellung eines natürlichen/naturnahen Wasserhaushaltes und Förderung von Überschwemmungsgebieten in den Auen der größeren Flüsse (Deichrückbau, Deichrückverlegung)
  • extensive Bewirtschaftung von Fischteichen, Erhalt periodisch trockenfallender Säume und Röhrichtflächen am Gewässerufer
  • Erhalt und Pflege offener Wiesen und Riedflächen im Umfeld der Fortpflanzungsgewässer
  • gezielte Entwicklung und Erhalt naturnaher, besonnter Pionier- und Temporärgewässer in den Bergbaufolgelandschaften
  • Pflege bzw. Neuanlage flacher Kleingewässer in der Umgebung von Mooren, in ehemaligen Abbaugebieten, auf Truppenübungsplätzen usw.
Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm; Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/ida

Gefährdungen


  • Grundwasserabsenkung, Entwässerung und Beseitigung von Überschwemmungsflächen, Nasswiesen und Temporärgewässern
  • Verlust von Reife- und Jagdhabitaten durch Verbrachung/Verbuschung von Nasswiesen
  • Begradigung und Eintiefung von Fließgewässern (Verminderung von Überschwemmungen)
  • Intensivierung der Teichwirtschaft (stabile Wasserstände, Verlust der Verlandungszonen)

Sonstiges


Literatur

  • Brockhaus, T. (2005): Südliche Binsenjungfer Lestes barbarus (Fabricius, 1798). – In: Brockhaus, T. & U. Fischer (Hrsg.): Die Libellenfauna Sachsens. – Natur & Text, Rangsdorf: 65–68.
  • Günther, A., M. Olias & T. Brockhaus (2006): Rote Liste Libellen Sachsens. – Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2006, hrsg. vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden, 20 S.
  • Jödicke, R. (1997): Die Binsenjungfern und Winterlibellen Europas. Lestidae. – Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 631. – Westarp Wissenschaften, Magdeburg.
  • Ott, J. & W. Piper (1998): Rote Liste der Libellen (Odonata). – In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 55: 260–263.
  • Sternberg, K. & W. Röske (2000): Lestes barbarus (Fabricius, 1798) Südliche Binsenjungfer. – In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.) (2000): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera). – Eugen Ulmer, Stuttgart: 388–398.

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 10.02.2014; Bearbeiter: Marko Olias und Dr. André Günther (Naturschutzinstitut Freiberg); Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: Heiner.Blischke@smul.sachsen.de

Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm; Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22988.htm