Allgemeine Arteninformationen
Kennzeichen
• Pflanze meist 20-50, aber auch bis 80 cm hoch
• Stängel einfach oder ästig, stumpf 4-kantig, locker bis dicht mit weichen, abstehenden Gliederhaaren besetzt
• Blätter eiförmig, lang gestielt (Stiel 0,5 bis 3 cm lang)
• Spreite ringsum regelmäßig grob kerbzähnig, dünn, Oberseite und Nerven auf Unterseite kurz abstehend behaart
• Blüten weiß, rötlich oder purpurn gefleckt, 3-4,5 cm lang, an abstehenden Stielen (0,5-1 cm lang), in den Achseln der 2-5 oberen Laubblattpaare, verschiedengestaltige Lippenlappung
• Pflanze nach Honig duftend
• Blütezeit: Mai-Juni
Biologie und Ökologie
Das Immenblatt nimmt unter den einheimischen Lippenblütlern durch die frühere Blütezeit und v.a. durch die Größe der Blüte eine Sonderstellung ein. Die Bestäubung erfolgt über Insekten, wobei meist Hummeln, Käfer, Fliegen und Falter beteiligt sind. Weißblütige Formen werden auch durch Nachtfalter bestäubt.
Die Art wächst vorzugsweise in lichten Laubgehölzen, von eigentlichen Steppenwäldern bis hin zu trockeneren Flussauen. Sie meidet aber reine Wiesenbestände, offenbar weil sie Mahd oder Beweidung und Düngung sowie direkte Lichteinstrahlung nicht verträgt.
Nach den ökologischen Zeigerwerten von ELLENBERG et al. (1992) ist das Immenblatt eine Halbschattenpflanze (L5), die nur ausnahmsweise im vollen Licht vorkommt. Als Wärmezeiger (T7) ist es im nördlichen Mitteleuropa nur in relativ warmen Lagen verbreitet. Das Immenblatt kommt meist an trocknen bis mittelfeuchten Standorten vor (F4). Mit einer Reaktionszahl von 6 und einer Stickstoffzahl von 3 weist die Art auf mäßig saure bis schwach basische, stickstoffarme Standorte hin.
Melittis melissophyllum kommt auf mäßig frischen, basenreichen, gern kalkhaltigen, mäßig sauren bis milden, locker-humosen, oft steinigen Ton- und Lehmböden vor.
Das Immenblatt findet man in Eichen-Hainbuchenwäldern (V Carpinion betuli), wärmebegünstigten Eichenwäldern (V Quercion pubescentis-petraeae, V Quercion roboris) und seltener auch in Säumen trockenwarmer Standorte (V Trifolion medii).
Überregionale Verbreitung
Das Immenblatt ist nur in Europa verbreitet. Es gehört zum süd- und mitteleuropäischen Florenelement mit einer Hauptverbreitung in der montanen Stufe. Das Areal verläuft nördlich bis Irland, Süd-England, Frankreich, Belgien, Deutschland, Polen und Litauen, östlich bis Mittel- und Süd-Russland und südlich bis Griechenland, Süditalien, Sizilien, Korsika, Pyrenäen, Ost- und Mittelspanien sowie Nord-Portugal. In Deutschland kommt die submediterran-atlantische Art zerstreut vor allem in wärmebegünstigten Lagen des Hügellandes Süd- und Mitteldeutschlands vor.
Erhaltungszustand

ungünstig-schlecht
Prüfung und Erfassung
Relevanz bei Eingriffen
Vorkommen
Status Etablierung
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Nachweisabsicherung
Langfristiger Bestandstrend
starker Rückgang
Kurzfristiger Bestandstrend
starke Abnahme
Bestand
Die Vorkommen des Immenblatts in Sachsen sind stark rückläufig. Im Elbhügelland befindet sich heute nur noch ein Vorkommen (NSG "Ziegenbusch") mit ca. 55 Exemplaren; ehemals lagen 13 Nachweise aus dem Elbhügelland vor. Auch im mittelsächsischen Hügelland westlich der Elbe mit ehemals mindestens 15 Nachweisen konnten aktuell (Geländeerhebung 2007) nur noch 8 Nachweise aus 5 Rasterfeldern (¼-Quadranten) erbracht werden.
Regionales Vorkommen
- Oberes Elbtal/Osterzgeb.: Nachweis ab 1980
- Westsachsen: Nachweis ab 1980
Verbreitung und Einbürgerung
Verbreitungsgebiete in Sachsen sind das Elbhügelland und das mittelsächsische Hügelland westlich der Elbe (Mittelsächsisches Lößhügelland, Mulde-Lößhügelland, Leipziger Land, Nordsächsisches Platten- und Hügelland), wo die kalkholde Art auch heute noch selten in Eichen- und Eichen-Hainbuchenwäldern zu finden ist.
Vorkommenskarte

Phänologie
Phänogramm

Lebensraum
Laubwälder (Eichenwälder) trockenwarmer Standorte, Staudenfluren und Säume trockenwarmer Standorte
Lebensräume nach Artenschutzrecht
Laubwälder (Eichenwälder) trockenwarmer Standorte, Staudenfluren und Säume trockenwarmer Standorte
Höhenstufen
Management
Auflichtung zu dichter Waldbestände durch Herausnahme von Altbäumen und Zurückdrängung der Strauchschicht
Gefährdungen
Durch die heute ausbleibende nieder-/mittelwaldartige Nutzung ist eine starke Zunahme der Beschattung durch Sträucher und Bäume zu verzeichnen. Verbuschung, Kahlschläge bzw. Baumfällungen, Rückearbeiten und Nährstoffeintrag sind weitere Gefährdungsfaktoren. Auch durch die teilweise geringen Individuenzahlen sind einzelne Bestände bei ausbleibenden Maßnahmen wohl nicht zu halten.
Sonstiges
Literatur
BUDER, W., LANGHOF, A., HERING, S. (2008): Ursachenforschung zum Rückgang ausgewählter vom Aussterben bedrohter Farn- und Samenpflanzen und Ableitung von Schutzmaßnahmen. Abschlussbericht Forschungsprojekt, im Auftrag des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden.
BUDER, W. & SCHULZ, D. (2010): Farn- und Samenpflanzen: Bestandssituation und Schutz ausgewählter Arten in Sachsen. Hrsg. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden.
HARDTKE, H.-J. & IHL, A. (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens.- Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2000, Hrsg.: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden.
HEGI, G. (1927): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Band V, 4. Teil, 1. Auflage, J. F. Lehmanns Verlag, München.
ROTHMALER W. (2005): Exkursionsflora von Deutschland. Band 4, Gefäßpflanzen: kritischer Band. Hrsg.: Jäger, E. J. & Werner, K., 10. bearb. Aufl., Spektrum, Akad. Verl., Heidelberg, Berlin.
Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes
Stand: November 2011
Bearbeiter: Büro für LandschaftsÖkologie Dipl. Biol. W. Buder