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Cicindela sylvatica sylvatica Linnaeus, 1758 (Sachsen)

Synonyme


Cicindela silvatica Linnaeus, 1758 , Heide-Sandlaufkäfer

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
Rote Liste Deutschland:2 (stark gefährdet)
Rote Liste Sachsen:2 (stark gefährdet)

Bildautor: Jörg Gebert © 2008

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

Cicindela sylvatica neigt in einigen Regionen zur Rassenbildung. Die bei uns heimische und bis Sibirien verbreitete Unterart und zugleich Nominatform ist Cicindela sylvatica sylvatica LINNAEUS, 1758. Gebräuchliche deutsche Bezeichnungen sind: Wald-Sandlaufkäfer oder Heide-Sandlaufkäfer.

Kennzeichen

Dieser flugfähige Sandlaufkäfer ist von allen anderen heimischen Arten durch die dunkle Färbung der Oberlippe sicher zu unterscheiden. Ansonsten besitzt die Art eine Cicindela-typische aber vergleichsweise schmale Binden- und Makelzeichnung auf den schwarzbraun-erzfarbigen Flügeldecken. Für Nichtfachleute ist die Unterscheidung vom sehr häufigen Dünensandlaufkäfer (Cicindela hybrida) im Gelände schwierig. Fehlbestimmungen sind nicht selten, da die Arten in Übergangsbereichen zusammen vorkommen können.

Biologie und Ökologie

Zur Biologie und Ökologie von Cicindela sylvatica liegen verschiedene Ausführungen vor (BURMEISTER 1939, LINDROTH 1945, GEBERT 2006, 2007). Die Weibchen legen ihre Eier in den lockeren Oberboden an geschützten Stellen innerhalb von gut strukturierten Calluna-Beständen. Wie alle heimischen Arten der Gattung baut die Larve ihre Wohnröhre selbst. Aus der sich über vier Larvalstadien hinziehenden Entwicklung schlüpft je nach allgemeiner Witterungslage im zweiten bis dritten Jahr nach der Puppenruhe das fertige Insekt. Sowohl die Larve als auch die fertig entwickelte Imago ernähren sich räuberisch von Ameisen, Fliegen, Käfern und anderen Beutetieren. Die Larve verschließt mit ihrer Kopfkapsel den kreisrunden Röhreneingang. Die Oberfläche der Kopfkapsel ist leicht klebrig sodass Partikel der Bodenauflage aus der Umgebung leicht anhaften und die Erkennung durch Beutetiere nahezu unmöglich wird. Läuft ein überwindbares Opfer über die Stelle schnellt das Tier blitzschnell ein stückweit heraus, packt die Beute und zieht sie zum Verzehr in die Wohnröhre. Die unverdaulichen Reste werden später ausgeworfen. Während die Larven Ansitzjäger sind, also wartend jagen, sind die Imagines aktiv. Sie patrouillieren regelrecht in ihren Revieren und greifen jede zu überwältigende Beute an. Dabei können die Tiere mit ihren großen Komplexaugen extrem gut sehen.

Überregionale Verbreitung

Cicindela sylvatica ist eine paläarktisch verbreitete Art mit Vorkommen von Sibirien, Zentralasien (auch Mongolei) über Skandinavien bis in die montanen und subalpinen Regionen einiger europäischer und Kleinasiatischer Gebirge. Neben der Nominatform C. sylvatica sylvatica (überwiegend im Tiefland) existieren weitere, meist isolierte Vorkommen geografischer Rassen (Pyrenäen: C. sylvatica rubescens JEANNE, 1967; Pindos, Pontus: C. sylvatica fasciatopunctata GERMAR, 1845. Die mitteleuropäischen Vorkommen beschränken sich im Wesentlichen auf die trockenen Heidegebiete mit Calluna vulgaris. Innerhalb Deutschlands liegt der Schwerpunkt der Verbreitung in den östlichsten Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen.

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

ungünstig-unzureichend (Gutachterliche Bewertung)

Hinweise Erhaltungszustand

Die Bestände des Heide-Sandlaufkäfers sind besonders seit der letzten Dekade des vergangene Jahrhunderts verstärkt auch in Ostdeutschland deutlich im Rückgang. Dieser anhaltende negative Trend erreicht besorgniserregende Ausmaße.

Prüfung und Erfassung


Relevanz bei Eingriffen

  • Forstwirtschaft

Untersuchungsstandards

Sandlaufkäfer werden durch Begehungen (Beobachtungen im Jagdrevier) der Vorkommensgebiete während der Aktivitätszeit der Art bzw. durch den Einsatz von Bodenfallen wie bei anderen epigäischen Käferarten nachgewiesen. Untersuchungsstandards wurden bislang nicht festgeschrieben. Erfahrene Kartierer sind auch bei schlechterer Witterung in der Lage die Larvenröhren der Arten in den entsprechenden Bruthabitaten zu finden. Der sicherste Zeitraum den Heide-Sandlaufkäfer zu beobachten liegt je nach allgemeiner Witterungslage zwischen Ende April/Anfang Mai bis in den September. Sonnige Tage bieten die höchste Wahrscheinlichkeit die Tiere zu entdecken, da die Tiere dann am aktivsten sind. Die zu kartierenden Flächen werden langsamen und behutsamen (!) Schrittes abgegangen und jede Bewegung auf dem Oberboden in einer Distanz von ca. 3-4m registriert bis man ein meist auffliegendes Exemplar entdeckt. Der Heide-Sandlaufkäfer entzieht sich wie alle Gattungsvertreter durch Auffliegen der Störung. Cicindela sylvatica fliegt höher und weiter als alle anderen heimischen Arten der Gattung. Zur Populationsgrößenabschätzung ist es zweckmäßig Transekte gleichartiger Biotopstrukturen zu wählen und die Ergebnisse auf die gleichartigen Strukturen der lokalen Population hochzurechnen. Die Methode mit den Bodenfallen (festgelegte Flächen) führt zu ähnlichen Ergebnissen ist jedoch zum Schutz der Art nur in begründeten Ausnahmefällen zu empfehlen.

Vorkommen


Status Etablierung

Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

Bemerkung zum Status

Die Art ist in weiten Teilen ihres Areals gefährdet. Hier besteht möglicherweise ein diffuses Kenntnisdefizit aufgrund der geringen Untersuchungs- und Beobachterdichte.

Langfristiger Bestandstrend

starker Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend

starke Abnahme

Verbreitungskarte

Verbreitungskarte

Bestand

Derzeit in Sachsen noch ca. 20 lokale Populationen von einst weit über 80 bekannten Fundstellen. Das ist ein Rückgang von 75% seit der Erfassung der Vorkommen.

Regionales Vorkommen

  • Oberes Elbtal/Osterzgeb.: Nachweis 1945 bis 1979
  • Oberlausitz/Niederschles.: Nachweis ab 1980
  • Westerzgebirge/Vogtland: Nachweis vor 1945
  • Westsachsen: Nachweis vor 1945

Verbreitung und Einbürgerung

In Sachsen wird die Art fast ausschließlich in den dünn besiedelten Heidegebieten des Nordens (Dübener Heide, Königsbrücker Heide, Muskauer Heide) nachgewiesen. Solche Heidegebiete finden sich in nennenswerten Größenordnungen meist nur auf ehemaligen oder aktiv genutzten Truppenübungsplätzen.

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Erläuterung Phänologie

Die ab April steil ansteigenden Aktivitätsmaxima erreichen im Mai und Juni ihren Höhepunkt. Es wurden jedoch auch bis in den September Imagines beobachtet. Die diurnale Aktivität ist während der Sonnentage am höchsten. Nach langer Sonnenabsenz werden die Tiere auch bei kühler Witterung und einsetzendem Sonnenschein aktiv um ihre Energieressourcen zu erneuern.

Lebensraum


Cicindela sylvatica besiedelt fast ausnahmslos trockene Europäische Heiden mit Calluna vulgaris, (FFH-LRT 4030) jedoch auch kleinräumige Flächen. Dort wo die Art, wie gelegentlich beschrieben, Kiefernwälder (Föhrenwälder) bzw. Waldränder besiedelt (MANDL, 1935, LINDROTH 1945, GEBERT 2006, 2007) sind sehr lichte Bestände mit Calluna vulgaris gemeint. Es werden keineswegs alle Heiden bewohnt sondern fast ausschließlich solche, die sich durch einen hohen Strukturreichtum in Altersklassen, unterschiedlichen Wuchsdichten der Heide und meist dem Vorhandensein von Kryptogamenfluren mit Cladonia-Arten (Flechten) auszeichnen. Störstellen mit kleinräumigen Bodenverwundungen dienen als Jagdrevier. Völlig offene Flächen mit starker Windbelastung werden offenbar gemieden.

Lebensräume nach Artenschutzrecht

Schwerpunkvorkommen in trockenen Europäischen Heiden mit Calluna vulgaris (FFH-LRT 4030).

Habitatkomplexe

  • Heiden, Magerrasen

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Heiden, Magerrasen

Ökologische Charakterisierung

  • Offene Landschaft, trockene Habitate

Höhenstufen

  • collin
  • planar

Management


Beurteilung

Der Kenntnisstand zu den tatsächlichen Vorkommen von Cicindela sylvatica in Sachsen ist als leicht lückenhaft zu bezeichnen. Es besteht trotz eines sich verbessernden Wissensstandes noch immer Forschungsbedarf.

Management

Als effektivste Schutzmaßnahmen sind Methoden der Offenhaltung der betreffenden Lebensräume geeignet. Hierzu sind die Beibehaltung eines Übungsbetriebs mit Bodenverwundungen durch Fahrzeuge und Schießbetrieb mit kleinen Brandereignissen. Ebenso geeignet sind das Plaggen, Mulchen oder gezielte Flämmen in begrenzten Bereichen unter Erhaltung unbeeinflusster Teilflächen. Aufkommende Jungbäume (Kiefer, Birke, Pappel etc.) müssen so früh wie möglich ausgerissen oder wenn bereits zu kräftig, gefällt werden um günstige Habitatbedingungen zu sichern bzw. wieder herzustellen.

Karte zur Schutzstrategie

Karte zur Schutzstrategie

Gefährdungen


Die wichtigsten Gefährdungsfaktoren sind: 1. Habitatverlust durch Nutzungsänderung bzw. -aufgabe von Calluna-Heiden besonders auf Truppenübungsplätzen, 2. Habitatverlust von trockenen Zwergstrauchheiden mit Calluna vulgaris durch zunehmende Beschattung und Nährstoffeinträge aus der Luft, 3. Isolation, genetische Verarmung durch Kohärenzverlust lokaler Populationen.

Sonstiges


Literatur

GEBERT, J. (2006): Die Sandlaufkäfer und Laufkäfer von Sachsen, Beiträge zur Insektenfauna Sachsens, Teil 1, Band 4 (Cicindelini-Loricerini). - Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 10: 180 S. Dresden. GEBERT, J. (2007): Sandlaufkäfer und Laufkäfer in der Muskauer Heide – Bemerkungen zur aktuellen Situation, der Habitatentwicklung und vorläufige Prognosen an ausgewählten Beispielen (Coleoptera: Cicindelidae, Carabidae), Mit 5 Abbildungen und einer Tabelle, (Vortrag zur 15. Jahrestagung der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz am 12. März 2005 in Görlitz (geändert). - Berichte der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz 15: 91-104. HORION, A. (1941): Faunistik der deutschen Käfer, Band 1, Adephaga - Caraboidea. - Krefeld, 1 - 463. LINDROTH, C. H. (1945): Die Fennoskandischen Carabiden I, Spezieller Teil. - Elanders (Göteborg): 709 S. MANDL, K. (1937): Cicindela silvatica L und ihre Rassen. (Vorarbeiten für eine monographische Neubearbeitung der paläarktischen Cicindelen.). - Koleopterologische Rundschau 23 (3/4): 136-140.

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Stand 23.08.2011; Bearbeiter: Jörg Gebert (EFG)