Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | SG (streng geschützt) |
Rote Liste Deutschland: | 1 ((akut) vom Aussterben bedroht) |
Rote Liste Sachsen: | 1 ((akut) vom Aussterben bedroht) |
Sehr dunkel wirkende Falkenlibelle von dunkelgrüner bis schwärzlicher Körperfärbung, auffallend sind im Kontrast dazu die grün glänzenden Augen. Verwechslungsgefahr besteht vor allem mit der sehr ähnlichen Arktischen Smaragdlibelle Somatochlora arctica, sichere Unterscheidungsmerkmale stellen bei Männchen die Form der Hinterleibsanhänge, bei Weibchen die Form der Legeklappe dar. Eine sichere Bestimmung der zwei Arten im Flug anhand von Zeichnungsmerkmalen und Körperstruktur ist nur von erfahrenen Beobachtern möglich. Im Gelände gefertigte Belegfotos sollten bei Männchen die Körperoberseite mit Fokus auf den Hinterleibsanhängen zeigen, bei Weibchen möglichst Körperoberseite und Seitenansicht von Brust und ersten Hinterleibssegmenten.
Die Larven und Exuvien von S. alpestris und S. arctica zeigen Unterschiede in der Behaarung, besonders in Anzahl und Länge von Borsten an den Hinterleibssegmenthinterkanten, eine sichere Bestimmung ist nur bei hoher Vergrößerung möglich.
Somatochlora alpestris ist in den mittleren Lagen der zentraleuropäischen Gebirge eng an Hochmoore gebunden. Diese ökologische Bindung lockert sich in den Alpen und den höchsten Lagen der Mittelgebirge, in denen sie auch minerotrophe Gewässer (z. B. Bergseen, Viehtränken) erfolgreich besiedelt.
Zur Überlebenstrategie der Art gehört ein Populationsverbund aus einer wechselnden Anzahl individuenarmer und individuenreicherer Teilpopulationen, die miteinander über Individuenaustausch verbunden sind (Metapopulation). In optimalen Habitaten können sich sukzessive große Bestände entwickeln. Beim Erreichen einer kritischen Schwelle wandern Individuen in hoher Zahl ab und gründen neue Teilpopulationen. Die Mobilität einzelner Individuen ist sehr hoch, durch individuelle Markierung wurden Ortswechsel bis zu 7,5 km nachgewiesen (Sternberg 2000).
Bei der Wahl der Reproduktionsgewässer hat offensichtlich das Reflexionsmuster horizontal polarisierten Lichts eine auslösende Funktion. Männchen können an den Gewässern Reviere besetzen, die Weibchen erscheinen dagegen nur zur Paarung und Eiablage. Die Eier werden im Wippflug in das Wasser abgelegt. Die Embryonal- und Larvenentwicklung umfasst 2–4, manchmal 5 Jahre. Die Larven ertragen ein sommerliches Austrocknen der Larvalhabitate über mehrere Wochen. Sie leben im Wurzelbereich der Riedvegetation, im Gegensatz zu S. arctica wahrscheinlich aber kaum in Torfmoospolstern.
Paläarktische Art mit arkto-alpiner Verbreitung. Im Norden von Skandinavien über Nordostrussland, Sibirien bis Kamtschatka und Hokkaido. In Mitteleuropa neben den Alpen auch disjunkte Areale in den Karpaten und höheren Mittelgebirgen, z. B. Schwarzwald, Böhmerwald, Thüringer Wald, Erzgebirge und Harz.
ungünstig-unzureichend (Gutachterliche Bewertung)
Durch ihre stenöke Bindung an nährstoffarme und damit sehr störungsanfällige Moore ist die Art generell einer hohen Gefährdung ausgesetzt. Vermutlich sind viele Teilpopulationen sehr individuenarm und auf ständigen Individuennachschub aus benachbarten Habitaten angewiesen. Die sächsischen Fundorte gehören wahrscheinlich zu länderübergreifenden Metapopulationen im deutsch-tschechischen Grenzgebiet.
Lokal umzusetzende Artenhilfsmaßnahmen, Priorität 1 (höchste)
Die Emergenz beginnt in Abhängigkeit vom Witterungsverlauf frühestens Mitte Mai, meist erst Anfang Juni und erstreckt sich über etwa 3–4 Wochen. Während dieser Periode sind Reproduktionsnachweise durch Exuvien bzw. frisch geschlüpfte Individuen leicht zu erbringen. An übersichtlichen und gut zugänglichen Torfstichen und Schlenken lässt sich auf diese Weise eine ungefähre Abschätzung der Anzahl geschlüpfter Imagines vornehmen. Während der Flugzeit der Imagines sind dagegen stets nur einzelne oder wenige Individuen gleichzeitig am Gewässer zu beobachten. Die bloße Erfassung von Imagines lässt somit kaum einen Rückschluss zur Bestandsgröße zu. Da die Imagines weit umherwandern, sollte der Status einzelner Tiere, auch eierlegender Weibchen, nur als mögliche Reproduktion (Status B) gewertet werden. Bei mehreren Individuen mit Revierverhalten oder Paarungsaktivitäten kann die Reproduktion als wahrscheinlich (Status C) angesehen werden, erst beim Nachweis schlupfreifer Larven, Emergenz oder Exuvien gilt die Reproduktion als nachgewiesen (Status D).
Zu einer effektiven Bestandeserfassung werden mindestens 4 Begehungen empfohlen, davon 3 während der Hauptschlupfzeit von Ende Mai bis Anfang Juli mit Suche nach frisch geschlüpften Imagines und Absammeln von Exuvien. Bei einer weiteren Begehung ab Mitte Juli sollte auf eierlegende Weibchen und revierbesetzende Männchen geachtet werden. Das Betreten und die Exuviensuche in sensiblen Uferzonen (bspw. an Torfmoosschwingrasen) sollten vorsichtig und unter Minimierung von Vegetationsschäden erfolgen. Außerhalb bekannter Vorkommensgebiete sollten Fänge durch Fotos (s. Kennzeichen) belegt werden. Exuvien sind zur Nachbestimmung aufzubewahren.
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Ja
mäßiger Rückgang
gleichbleibend
Für das Vorkommen von Somatochlora alpestris in Sachsen lagen bis 1950 keine sicheren Belege vor. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden sukzessive mehrere Funde aus den Regenmooren des Erzgebirges auf sächsischer Seite bekannt. Betrachtet man die Nachweise aus dem böhmischen und dem sächsischen Teil des Erzgebirges zusammen, ergibt sich eine nahtlose Kette von Fundpunkten, die sich vom westlichen Westerzgebirge bis in das östliche Osterzgebirge zieht, deren Schwerpunkt jedoch in den tschechischen Mooren zu lokalisieren ist. Dabei lassen sich nahe gelegene Vorkommen auf deutscher und tschechischer Seite zu regionalen Metapopulationen zusammenfassen.
Fortpflanzungsstätten: Die sächsischen Vorkommen liegen in den Regenmooren des Erzgebirgskammes in Höhenlagen zwischen 635 und 1100 m üNN. Die Art entwickelt sich in offenen Moorkolken und -schlenken, kleinen Handtorfstichen und in mit Torfmoosen durchwachsenen Entwässerungsgräben. Seltener können Larven hier auch in weitgehend vegetationsfreien Tümpeln und Waldweihern gefunden werden. Im Umfeld der Reproduktionsgewässer befinden sich Latschenkiefernbestände mit angrenzenden Fichtenforsten.
Ruhe- und Jagdstätten: Die Ruhe und Jagdstätten befinden sich vermutlich in angrenzenden Moorkieferbeständen und Wäldern in bis zu mehreren Hundert Metern Entfernung zu den Entwicklungsgewässern.
Hinweise zur Abgrenzung von Populationen: Betrachtungsmaßstab unterhalb Ebene Landkreis, i. d. R. Moorkomplex. Langfristig stabile Vorkommen beruhen in Sachsen überwiegend auf Metapopulationen, die mehrere benachbarte Habitatflächen innerhalb von Moorkomplexen besiedeln. Teilpopulationen im angrenzenden Tschechien müssen in die Betrachtung einbezogen werden.
Infolge der engen Lebensraumbindung und des guten Durchforschungsgrades der Moorflächen Sachsens ist von einem hohen Erfassungsgrad der sächsischen Vorkommen auszugehen. Für die Art ist die erfolgreiche Wiederbesiedlung eines Moores nach der Durchführung von Revitalisierungsmaßnahmen nachgewiesen (Olias & Günther 2007).
Verbesserung/Sicherung der Habitateignung in Vorkommensgebieten und Erweiterung der Habitatflächen durch Reaktivierung entwässerter, devastierter Moorkörper:
Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 10.02.2014; Bearbeiter: Marko Olias und Dr. André Günther (Naturschutzinstitut Freiberg); Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: Heiner.Blischke@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm; Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22988.htm