Sympetrum flaveolum (Linnaeus, 1758) / Gefleckte Heidelibelle

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
Rote Liste Deutschland:3 (gefährdet)
Rote Liste Sachsen:3 (gefährdet)

Allgemeine Arteninformationen


Kennzeichen

Relativ kleine Segellibelle von 35–40 mm Körperlänge. Beine schwarz, außen hell gestreift. Männchen mit leuchtend rotem, leicht abgeflachtem und hinten leicht verdicktem Abdomen. Auffallend sind die i. d. R. sehr großen gelben Basisflecken auf beiden Flügelpaaren, die in der Ausdehnung aber variieren und gelegentlich reduziert sein können.

Verwechslungsgefahr besteht besonders mit der Frühen Heidelibelle (S. fonscolombii), die ebenfalls ausgedehnte Basisflecken besitzen kann. Beide Arten können, neben genitalmorphologischen Merkmalen, gut anhand des Flügelmals unterschieden werden (bei S. flaveolum rotbraun, bei S. fonscolombii hellbraun und schwarz umrandet). Die etwas größere Feuerlibelle (Crocothemis erythraea) hat ebenfalls breite Basisflecken, jedoch einfarbig braune Beine und keine schwarze Färbung der Hinterleibsseiten.

Die Bestimmung von Larven und Exuvien ist im Gelände nicht sicher möglich.

Biologie und Ökologie

Sympetrum flaveolum weist eine enge ökologische Bindung an Flachgewässer bzw. Flachwasserzonen mit schwankendem Wasserstand und lockerer, nicht zu hoher Vegetation auf. Sie ist in ihrem Entwicklungszyklus an ein längeres Austrocknen des Reproduktionsgewässers angepasst, niedrige Wasserstände während der ein- bis zweimonatigen Larvenzeit sind ausreichend.

Die Entwicklung verläuft meist in einjährigem Zyklus (univoltin). Eier können in Eidiapause überwintern, die Junglarven schlüpfen vermutlich erst, wenn sich die Eier im Wasser befinden. Bei fehlender Überflutung können die Eier vermutlich auch mehr als einen Winter überdauern (Röhn et al. 2000). Die Larvenentwicklungszeit beträgt ca. 6-8 Wochen, im Extremfall kann sie bereits nach 4 Wochen abgeschlossen sein. Der Schlupf der Imagines an einem Gewässer erfolgt oft gleichzeitig innerhalb weniger Tage, gelegentlich findet der Synchronschlupf von vielen Tausenden Tieren statt. Fortpflanzungsaktivitäten sind ab Mitte Juli bis Anfang September zu beobachten, Die Eier werden meist im Tandemflug weit verstreut und unspezifisch über dem nackten Boden oder der Vegetation abgeworfen. Die Eiablagestellen können zu dieser Zeit völlig ausgetrocknet sein.

S. flaveolum ist aufgrund dieser Lebensweise stark von klimatischen Einflüssen und besonders der der Wasserstandsdynamik abhängig. Die Bestände der Art weisen große Schwankungen auf. In Jahren mit günstigen Wasserständen (hohe Niederschläge im Frühjahr/Frühsommer) können sich sehr große Individuenzahlen entwickeln, die gelegentlich auch Massenwanderungen über große Distanzen vornehmen können. Die Mobilität der Art ist sehr hoch, neu entstandene Gewässer können sehr schnell besiedelt werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings ein ständiger Individuennachschub aus langfristig großen Spenderpopulationen. An vielen Stellen entwickelt sich S. flaveolum nur in günstigen Jahren und verschwindet rasch wieder, wenn die Eiablagestellen im Folgejahr nicht überstaut werden.

Überregionale Verbreitung

Sibirisches Faunenelement, das über Europa, Vorderasien, östlich bis Kamtschatka und Japan verbreitet ist. Kommt in Europa mit Ausnahme des Mittelmeergebietes von Zentralspanien über Mittelitalien und Nordgriechenland bis zu den Britischen Inseln (unbeständig) und Südskandinavien vor.

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

ungünstig-unzureichend (Gutachterliche Bewertung)

Hinweise Erhaltungszustand

Die natürlichen Lebensräume in den Überflutungsbereichen der Flüsse sind derzeit in einem ungünstigen Habitatzustand. Viele Vorkommen befinden sich in kurzlebigen Sekundärhabitaten, sind oftmals individuenarm und weisen nur sporadischen Reproduktionserfolg auf.

Prüfung und Erfassung


Verantwortlichkeit

unbearbeitet

Einstufung nach F+E-Projekt Artenschutzkonzeption 2012

Lokal umzusetzende Artenhilfsmaßnahmen, Priorität 1 (höchste)

Untersuchungsstandards

Wegen der hohen Mobilität von Sympetrum flaveolum und der Neigung, selbst an nicht oder nur sporadisch geeigneten Gewässern in Gruppen aufzutreten und auch Eier abzulegen, ist die gezielte Ermittlung der Bodenständigkeit bzw. des Reproduktionserfolges wichtig. Somit sind teils mehrjährige Untersuchungen nötig, um den tatsächlichen Status der Art in einem Gebiet zu ermitteln. Es treten außerdem große Bestandsschwankungen auf, Populationsbewertungen müssen deshalb immer die jährliche Wasserstandsdynamik und das potenzielle Habitatangebot einbeziehen.

Zu einer effektiven Erfassung werden mindestens 4 Begehungen empfohlen, davon mindestens 2 während der Schlupfzeit (Anfang Juni bis Mitte August) mit Suche nach frisch geschlüpften Imagines und Exuvien. Bei mindestens 2 weiteren Begehungen ab Mitte August bis September sollte auf eierlegende Paare geachtet werden. Alle Flächen, in denen Eiabgaben erfolgen, können als potenzielle Entwicklungsflächen kartiert werden, auch wenn sie im Erfassungsjahr nicht überstaut waren.

Von einzelnen Individuen beflogene Flachgewässer und nasse Senken sind nicht automatisch als Reproduktionsgewässer anzusehen. Der Gewässerstatus ist über die Beobachtung mehrerer Tiere am gleichen Ort (Status B – Reproduktion möglich), beobachtete Eiablagen (Status C – Reproduktion wahrscheinlich) oder Funde von Exuvien bzw. frisch geschlüpften Tieren (Status D – Reproduktion nachgewiesen) zu definieren. Exuvienfunde sind ab Ende Mai bis Ende Juni möglich, Nachweise von Imagines bis in den September.

Vorkommen


Status Etablierung

Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

Langfristiger Bestandstrend

starker Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend

mäßige Abnahme

Bestand

In Sachsen zerstreut vorkommend mit Fundortkonzentrationen im unteren bis mittleren Bergland (Vogtland, Erzgebirge) und dem vorgelagerten Hügelland. In den tieferen Lagen der Oberlausitz verbreitet, fehlt aber nahezu vollständig im Lausitzer Gefilde und Bergland. In Nordwestsachsen nur lokal, die meisten Vorkommen hier liegen in der Bergbaufolgelandschaft.

Regionales Vorkommen

  • Chemnitz/Ob. Erzgebirge: Nachweis ab 1980
  • Oberes Elbtal/Osterzgeb.: Nachweis ab 1980
  • Oberlausitz/Niederschles.: Nachweis ab 1980
  • Westerzgebirge/Vogtland: Nachweis ab 1980
  • Westsachsen: Nachweis ab 1980

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Fortpflanzungsstätten: Primärhabitate stellen vermutlich Auentümpel und periodisch überstaute Flächen in den Auen der Flüsse und Niederungsbäche dar, im Bergland wahrscheinlich offene Zwischenmoore. Gegenwärtig ist die Art in Sachsen überwiegend in Sekundärbiotopen zu finden. Im Berg- und Hügelland sind dies vor allem Teiche, Torfstiche, Wiesengräben, Steinbruchgewässer, Kiesgruben oder Regenrückhaltebecken. Die Art kann auch an kurzzeitig vorhandenen Wasseransammlungen (z. B. auf größeren Baustellen) fliegen, bleibt hier jedoch oft ohne Reproduktionserfolg. Im Tiefland befinden sich etwa ein Viertel der Vorkommen an (Temporär-)Gewässern in der Bergbaufolgelandschaft. Individuenreiche, langjährig beständige Vorkommen finden sich häufig in FFH-Lebensraumtypen wie Übergangsmooren, Pfeifengras- und Auenwiesen.

Ruhe- und Jagdstätten: In der Nutzung von Jagd- und Ruhehabitaten sind die Ansprüche der Art wenig spezifisch, sie umfassen alle Typen von Offen- und Halboffenbiotopen im Umfeld, aber auch fernab der Gewässer. Lediglich Wälder werden gemieden. Einzelne Individuen können regelmäßig selbst an Getreide- und Rapsschlägen gefunden werden.

Hinweise zur Abgrenzung von Populationen: regionale Abstufung unterhalb der Ebene Landkreis (Teichgruppe, Abbaugewässer, Überschwemmungsfläche)

Habitatkomplexe

  • Äcker und Sonderkulturen
  • Bergbaubiotope
  • Feuchtgrünland, Staudenfluren
  • Gehölze, Baumbestand
  • Grünland, Grünanlagen
  • Heiden, Magerrasen
  • Moore
  • Ruderalfluren, Brachen
  • Stillgewässer inkl. Ufer
  • Sümpfe, Niedermoore, Ufer

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Moore
  • Stillgewässer inkl. Ufer
  • Sümpfe, Niedermoore, Ufer

Ökologische Charakterisierung

  • Gewässer
  • Gewässer mit besonderer Struktur
  • Moore
  • Moorgewässer
  • Standgewässer
  • Ufer

Höhenstufen

  • collin
  • collin-montan
  • montan
  • planar

Management


Beurteilung

Besondere Bedeutung kommt dem Erhalt großer, regelmäßig reproduzierender Spenderpopulationen zu. Neben der Sicherung der Vorkommen in Sekundärhabitaten hat v. a. die Aufwertung bzw. -neuschaffung großflächiger Habitate in den Flussauen hohe Priorität.

Management

  • Stabilisierung bzw. Wiederherstellung eines natürlichen/naturnahen Wasserhaushaltes und Förderung von Überschwemmungsgebieten in den Auen der größeren Flüsse (Deichrückbau, Deichrückverlegung)
  • extensive Bewirtschaftung von Fischteichen, Erhalt periodisch trockenfallender Säume und Röhrichtflächen am Gewässerufer
  • Erhalt und Pflege nasser Wiesen und Rieder
  • gezielte Entwicklung und Erhalt naturnaher, besonnter Temporärgewässer in den Bergbaufolgelandschaften
  • Pflege bzw. Neuanlage flacher Kleingewässer in der Umgebung von Mooren, in ehemaligen Abbaugebieten, auf Truppenübungsplätzen usw.
Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm; Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/ida

Gefährdungen


  • Grundwasserabsenkung, Entwässerung und Beseitigung von Überschwemmungsflächen, Nasswiesen und Temporärgewässern
  • Verbrachung/Verbuschung von Nasswiesen
  • Begradigung und Eintiefung von Fließgewässern (Verminderung von Überschwemmungen)
  • Intensivierung der Teichwirtschaft (stabile Wasserstände, Verlust der Verlandungszonen)
  • möglicherweise klimatische Veränderungen (niederschlagsarme Sommer, die ein zu frühes Austrocknen von Flachgewässern zur Folge haben)

Sonstiges


Literatur

  • Günther, A., M. Olias & T. Brockhaus (2006): Rote Liste Libellen Sachsens. – Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2006, hrsg. vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden, 20 S.
  • Ott, J. & W. Piper (1998): Rote Liste der Libellen (Odonata). In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 55: 260–263.
  • Röhn, C., J. Kuhn & K. Sternberg (2000): Sympetrum flaveolum (Linnaeus, 1758) Gefleckte Heidelibelle. In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.) (2000): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 2: Großlibellen (Anisoptera). - Eugen Ulmer, Stuttgart: 548–559.
  • Wolf, J. (2005): Gefleckte Heidelibelle Sympetrum flaveolum (Linnaeus, 1758). – In: Brockhaus, T. & U. Fischer (Hrsg.): Die Libellenfauna Sachsens. – Natur & Text, Rangsdorf : 258–262.

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 10.02.2014; Bearbeiter: Marko Olias und Dr. André Günther (Naturschutzinstitut Freiberg); Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: Heiner.Blischke@smul.sachsen.de

Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm; Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22988.htm