Cynodon dactylon (L.) Pers. / Gewöhnliches Hundszahngras

Synonyme


Bermudagras, Digitaria dactylon, Digitaria stolonifera Schrad., Panicum dactylon L., Paspalum dactylon

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Rote Liste Sachsen:(*)

Allgemeine Arteninformationen


Kennzeichen

Mehrjährige, 20-40 cm hohe, graugrüne Pflanze. Blatthäutchen in Haare aufgelöst. Blattscheiden gerieft und kahl, bisweilen oben behaart, an der Öffnung lange Haarbüschel. Blattspreiten 2 bis 15 cm lang, 3 bis 4 mm breit und beidseitig rau, an der Oberseite kahl, an der Unterseite kurzhaarig. Fingerartig verzweigter Blütenstand, Ähren meist zu 3-6, 2-6 cm lang, Ährchen 2,5-3 mm lang. Verwechslungsmöglichkeit mit Elymus spec., Digitaria sanguinalis (L.) Scop. ssp sanguinalis (v. a. ohne Ausläufer)

Biologie und Ökologie

Wuchsverhalten: Oberirdische Triebe mit vielen Knoten, an denen etliche Knospen von Erneuerungstrieben sitzen, langes verzweigtes Rhizom, bildet meist dichte Rasen.
Vegetative Ausbreitung: Bis zu einen Meter lange Ausläufer und lange oberirdisch kriechende Triebe.
Generative Ausbreitung: Vermehrung über winzige Samen möglich, aber geringe Keimrate.
Verbreitungswege: Wind- und Klettausbreitung; Fernausbreitung möglich, da aus transportierten einknotigen Bruchstücken neue Pflanzen gebildet werden können.

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Mittelmeergebiet
Aktuelle Verbreitung in Europa: weltweit in wärmeren und gemäßigten Gebieten. Nördlich der Alpen eingeschleppt und vor allem in Weinbaugebieten eingebürgert.
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: In fast allen Bundesländern vorhanden, verbreitet in trocken-warmen Gebieten des Rheintals, sonst meist nur vereinzelte Vorkommen.

Prüfung und Erfassung


Sonstige Arten-Attribute

  • Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Gefäßpflanzen (BfN-Skripten 352)

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota, etabliert

Bemerkungen Neobiota

(*) Neobiota etabliert, stabil oder in Ausbreitung befindlich

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

Aktuelle Verbreitung in Sachsen: selten, z.B. in Dresden, Meißen, Freital, Chemnitz, Zwickau, Leipzig; früher Bischofswerda, Rietschen

Verbreitung und Einbürgerung

Einbürgerungszeit: 1712 erstmals im Rheingau nachgewiesen, erster Nachweis in Leipziger Raum (Gohlis) 1921, um Zwickau nach 1955 durch die Haldenrekultivierung eingeschleppt und eingebürgert
Einbürgerungsgrad in Sachsen: meist unbeständige Vorkommen
Einbürgerungsweise: als Rasen- und Weidegras ausgebracht

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Lebensraum im Herkunftsgebiet: nicht bekannt
Lebensraum in Sachsen: Trockene Ruderalfluren, Weg- und Straßenränder, Müllplätze, trockene Abhänge

Ökologische Charakterisierung

  • Offene Landschaft, trockene Habitate

Höhenstufen

  • collin
  • hochmontan
  • montan
  • planar
  • subalpin

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung:

  • Die Art ist durch die starke Ausläuferbildung und die ausgeprägte Trockenresistenz konkurrenzstark und bildet dichte Bestände aus. 
  • Initialvorkommen dieser invasiven Art treten oft an Störstellen mit Offenbodenbereichen auf. Das Ausbreitungspotential ist jedoch an ungestörten, kalten und schattigen Standorten unproblematisch. In derartigen Standorten kann das Gras nicht vordringen. 
  • Bedingt durch die ausgeprägte Thermophilie der Art ist ein weiteres Vordringen im Zuge des Klimawandels wahrscheinlich.
Betroffene Schutzgüter:
  • Magere Tritt- und kurzrasige Trockenrasen
  • Sandmagerrasen
  • Streuobstwiesen
Wirtschaftliche Beurteilung:
  • Ackerunkraut in Hackfrüchten und Mais. 
  • Einziger Überwinterungswirt des „Maize rough dwarf virus“ (schädigt Maispflanzen, Huth et al. 2007). Daher zukünftig möglicherweise problematisches Ackerunkraut.
Negative gesundheitliche Auswirkungen: Als Pollenallergieauslöser bekannt.

Wissensdefizite in Sachsen:
  • Aktueller Ausbreitungsverlauf
  • Regulierungsmaßnahmen
Fazit für Sachsen: Die Art ist in Sachsen bisher unproblematisch, befindet sich jedoch in „Warteposition“. Da eine Zunahme der Art im Kontext der Klimaerwärmung möglich ist, ist die Bestandsentwicklung der Art zu beobachten und zu dokumentieren.

Management

Präventive Maßnahmen:

  • Unterbindung der weiteren Ausbreitung in der Landwirtschaft durch günstige Fruchtfolge und Vermeidung von Störstellen 
  • keine aktive Aussaat der Art
  • ein systematisches Monitoring von Cynodon-Vorkommen, v.a. in der Nähe gefährdeter Biotope, ist günstig zur Früherkennung (Schmiedel et al. 2015)
  • Öffentlichkeitsarbeit
Bekämpfungsstrategien:
  • für größere Bestände ist bislang keine für den Naturschutz akzeptable Bekämpfungsmethode bekannt
  • mechanische Bekämpfung ist nur für initiale Bestände erfolgreich
  • Bedingt durch den hohen Lichtanspruch der Art trägt eine Beschattung zum Rückgang bei. Diese Beschattung kann sowohl durch starke Mulchauflage, geschlossene Baumkrone als auch durch Abdeckung herbeigeführt werden.
  • eine Abdeckung kleiner Flächen mit Folie führt zur Überhitzung und zum Absterben der Pflanzen und der unterirdischen Ausläufer (Weber 2003)
  • Unterbindung der weiteren Ausbreitung in der Landwirtschaft durch den Einsatz glyphosathaltiger Herbizide, jedoch nur nach sorgfältiger Abwägung des Nutzens und der naturschutzfachlichen Vertretbarkeit.

Nicht zu empfehlende Maßnahmen:

  • eine Zurückdrängung auf kontaminierten Flächen durch Mahd oder Beweidung ist nicht möglich
  • die Behandlung mit Glyphosat hat negative Auswirkungen auf andere Organsimen sowie die menschliche Gesundheit (Schmiedel et al. 2015)


Handlungsbedarf in Sachsen: Für Aussagen zum Managementbedarf sind genauere Informationen erforderlich, die sich auf eine Beobachtung des Etablierungsprozesses stützen.
Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm
Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/cadenzaweb2014/commands.xhtml?Login.Anonymous</p
Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Für Aussagen zum Managementbedarf sind genauere Informationen erforderlich

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Amarell, U. (2002): Zur Flora von Leipzig und Umgebung. Sächsische Floristische Mitteilungen. 7, S. 91-95.
Gutte, P. (2006): Flora der Stadt Leipzig einschließlich Markkleeberg. Weissdorn-Verlag, Jena, 278 S.
Gutte, P., Hardtke, H.-J., & Schmidt, P. (2013): Die Flora Sachsens und angrenzender Gebiete. Ein pflanzenkundlicher Exkursionsführer. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 983 S.
Hardtke, H.-J., Ihl, A. (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. In: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Dresden. 806 S.
Hardtke, H.-J., Klenke, F. & Müller, F. ( 2013): Flora des Elbhügellandes und angrenzender Gebiete. Sandstein Verlag, Dresden, 718 S.
Otto, H.-W. (2004): Die Farn- und Samenpflanzen der Oberlausitz. Berichte der naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz. 22. Görlitz. Uhlmann, H. (2005): Flora Nossen/Rosswein im Klosterbezirk Altzella. Gersdorf, 248 S.

Weiterführende Literatur:
Huth, W., Maurath, R., Imgraben, H. & Schröder, M. (2007): Maize rough dwarf virus - in Deutschland erstmals nachgewiesen. Nachrichtenblatt Deutsche Pflanzenschutzdienstes 59, S.173-175.
Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart, 492 S.
Nehring, S., Kowarik, I., Rabitsch, W. & Essl, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352. http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf
Schmiedel, D., Wilhelm, E.-G., Nehring, S., Scheibner, C., Roth, M. & S. Winter (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141/1. Bonn- Bad Godesberg, Landwirtschaftsverlag.
Weber, E. (2003): Invasive plant species of the world. A reference guide to environmental weeds. Wallingsford (CABI Publishing), 595 S.
Wilhalm, T. (2001): Verbreitung und Bestandesentwicklung unbeständiger und eingebürgerter Gräser in Südtirol. Gredleriana 1. S. 275-330 http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/Gredleriana_001_0275-0330.pdf

Links:
http://www.korina.info/?q=node/136, abgerufen am 17.4.2015
http://www.bayernflora.de/daten/de/info_pflanzen.php?taxnr=1800, abgerufen am 17.4.2015
http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf
https://www.smul.sachsen.de/lfulg/download/Nachlese_Doebeln_Neue-Unkraeuter.pdf  

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 07.05.2015; Bearbeiter: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm