Silber-Scheckenfalter, Mellicta diamina, Melitaea dictynna Esper
Rote Liste Deutschland: | 3 (gefährdet) |
Rote Liste Sachsen: | 1 ((akut) vom Aussterben bedroht) |
Es werden keine Unterarten in Deutschland abgetrennt.
Mittelgroßer Falter mit etwa 18 mm Vorderflügel-Kantenlänge. Das typische Muster der Scheckenfalter ist oberseits stark verdunkelt, die braunen Flecken sind reduziert und auf den Hinterflügeln gehen diese meist in hellere Töne über. Fransen am Flügelrand sind schwarz-weiß. Auf der Hinterflügel-Unterseite befinden sich in der äußeren rotbraunen Binde schwarze Punkte, die bei den anderen deutschen Melitaea-Arten fehlen oder die eine andersfarbige Binde mit anderer Fleckenfarbe zeigen. Die bedornten Raupen sowie die Puppen der Scheckenfalter sind sich sehr ähnlich und können meist nur durch Spezialisten bestimmt oder durch Weiterzucht zum Falter determiniert werden.
Die Eiablage erfolgt bevorzugt an Baldrian-Pflanzen (Valeriana dioica), die an mikroklimatisch begünstigten Störstellen wachsen, wie sie z. B. auf Feuchtwiesen durch Wildschweinbruch entstehen können. In Sachsen sind als Raupen-Nahrungspflanzen nach der Überwinterung auch Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) und Veilchen (Viola palustris) bekannt. Die Eier werden meist in nur kleinen Spiegeln an die Blätter gelegt. Die Räupchen erzeugen zunächst Schabefraß. Die Überwinterung erfolgt in sehr kleinen, äußerst schwer auffindbaren Gespinsten. Im Frühjahr vereinzeln sich die Raupen und wachsen unterschiedlich schnell. Die Verpuppung erfolgt als Stürzpuppe (mit Kopf nach unten) in der niedrigen Vegetation. Melitaea diamina lebt in Metapopulationen, d. h. es müssen geeignete Lebensräume (patches) vorhanden sein, die wechselweise oder ständig besiedelt werden können. Die Art wird bezüglich Flächenanspruch für eine Überlebensfähigkeit von 30 Jahren in Klasse 2 (4 ha) eingestuft und bezüglich der Populationsdichte in die Klasse 2-6 (4 - 120/ha).
Die Art kommt von Europa (außer SW) über die NO-Türkei, Russland, Süd-Sibirien und das nördliche Asien bis zum Amur sowie in der Mongolei, China, Korea und Japan vor. Europaverbreitung: Karte bei KUDRNA (2011): S. 315. In Deutschland wurde sie aus allen Bundesländern gemeldet. Die Arealgrenze verläuft außerhalb unseres Gebietes im nördlichen Deutschland und in Skandinavien.
ungünstig-schlecht (Gutachterliche Bewertung)
Pflegemaßnahmen müssen auch auf potenziellen Flächen durchgeführt werden (Metapopulation !)
Lokal umzusetzende Artenhilfsmaßnahmen, Priorität 2 (hohe)
Kartier- und Bewertungsschlüssel; Genehmigungspflichten: Betreten NSG außerhalb von Wegen, bzw. Befahren der Wege im NSG. Nachweis: Falter; Fotodokumentation, auch vom Lebensraum, ggf. Einzeltierentnahme.
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Möglichkeit zur Bildung von Metapopulation(en) beibehalten bzw. ausbauen/schaffen.
Ja
sehr starker Rückgang
starke Abnahme
Sie kommt nur noch in einigen Abschnitten des "Grünen Bandes Sachsen-Bayern", in den angrenzenden Teilen des Oberen Vogtlandes sowie im Kammgebiet des Erzgebirges westlich von Oberwiesenthal vor.
Die ehemals in Sachsen etablierte und weit verbreitete Art (Verbreitung im Flach-, Hügel- und Bergland) ist auf wenige Flächen im Bergland Südwest-Sachsens zurückgedrängt worden.
Die Art ist in Sachsen einbrütig, d.h. es wird nur eine Generation ausgebildet.. Der Schlupfzeitpunkt der Falter ist sehr abhängig von der Dauer der Schneelage und nachfolgenden Temperaturen. Sehr frühe Falterbeobachtungen datieren auf den 07.06. und sehr späte auf den 30.07.
Es tritt in Sachsen nur noch der Ökotyp der Feuchthabitate auf. Hauptnahrungspflanze der Raupen ist der Kleine Baldrian, nach der Überwinterung können auch andere Pflanzenarten genutzt werden (Veronica chamaedrys, Viola palustris). Der Falter nutzt im Wesentlichen das Reproduktionshabitat sowie dessen engere, strukturreiche Umgebung. Folglich sind neben blumenreichen Fluren auch fettere und höher wüchsige Vegetation, wie z. B. Staudenfluren oder Einzelgehölze, wie Faulbaum- oder Ohrweidenbüsche sowie Waldränder in das Imaginalhabitat einbezogen.
Beim Reproduktionshabitat handelt es sich um quellige, meist anmoorige Stellen, die pflanzensoziologisch den Braunseggensümpfen zuzuordnen sind. Neben einer ausreichenden Anzahl und Dichte von Raupennahrungspflanzen ist eine lockere Vegetationsstruktur von Bedeutung. Eine Bindung der lokalen Populationen der Art besteht zum FFH-LRT 7140 (Übergangs- und Schwingrasenmoore) bzw. zu den entsprechenden nach §26 SächsNatSchG Geschützten Biotopen Moorstadium mit Dominanz von Zwergsträuchern (05.01.200), Kleinseggenried basenarmer Standorte (05.04.110), Nasswiese (06.01.100).
Untersuchungen zum Individuenaustausch benachbarter Populationen sowie Effizienzkontrollen der Pflegemaßnahmen sind erforderlich. Untersuchungen zu den Habitatanforderungen der Präimaginalstadien zur Anpassung von Schutzmaßnahmen erforderlich.
Die aktuellen Vorkommen liegen überwiegend in Schutzgebieten. Die Populationen bzw. die Vorkommensorte sind auf vorhandene bzw. zu entwickelnde Strukturen zum Aufbau bzw. Erhaltung der Metapopulation zu untersuchen und die Maßnahmen in zu entwickelnden Artenschutzprogrammen umzusetzen. Die in den Pflegerichtlinien dargelegten Maßnahmen sind strikt einzuhalten, besonders die Einhaltung der Mahdzeiträume, die Berücksichtigung von Ausschlussflächen (Ausgliederung von Flächen mit Raupennachweisen) und die einzusetzende Technik.
Hauptgefährdungen sind - Aufgabe der Nutzung bzw. der Pflegemaßnahmen - Nutzungsintensivierung durch Eintrag von Nährstoffen und Agrochemikalien in die Lebensräume - Sukzession und Aufforstung - Biotoppflege zum falschen Zeitpunkt - Fragmentierung und Isolation von Lebensräumen - Veränderung im (Grund-)Wasserregime
Literatur THOSS, S. (2007): Melitaea diamina (LANG, 1789) Baldrian-Scheckenfalter. In: KLAUSNITZER, B. & REINHARDT, R. (Hrsg.) Beiträge zur Insektenfauna Sachsens. Band 6: REINHARDT, R., SBIESCHNE, H., SETTELE, J., FISCHER, U. & FIEDLER, G.: Tagfalter von Sachsen. - Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 11: 439 – 444.
Stand: 25.10.2013 Bearbeiter: Rolf Reinhardt, Steffen Pollrich Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: ulrich.zoephel@smul.sachsen.de Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23457.htm