Epilobium ciliatum Raf. / Drüsiges Weidenröschen

Synonyme


Epilobium alaskae Léveillé, Epilobium americanum Hausskn., Epilobium brevistylum Barbey, Epilobium californicum Hausskn., Epilobium chilense Hausskn., Epilobium delicatum Trelease, Epilobium dominii Popov, Epilobium holosericeum Trelease, Epilobium novomexicum Hausskn., Epilobium parishii Trelease, Epilobium pseudolineare Hausskn., Epilobium ursinum Parsh., Epilobium valdiviense Hausskn., Wimper-Weidenröschen, Epilobium magellanicum Phil. & Hausskn.

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Rote Liste Sachsen:(*)

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

Umfasst 3 Unterarten: Epilobium ciliatum subsp. glandulosum (Lehm.) Hoch & P. H. Raven, Epilobium ciliatum subsp. adenocaulon (Hausskn.) P. H. Raven, Epilobium ciliatum subsp. ciliatum Raf
Bildet öfters Bastarde mit heimischen Epilobium-Arten, bspw. in Sachsen-Anhalt mit Epilobium obscurum, aber auch mit E. tetragonum, E. palustre, E. lamyi, E. parviflorum, E. montanum usw.

Kennzeichen

Mehrjährige krautige Pflanze mit Wuchshöhen von 30 bis 60 cm (selten bis 140 cm). Stängel unten stielrund, oben mit 2-4 erhabenen Leisten, oberwärts mit abstehenden Drüsenhaaren und meist mit krausen, drüsenlosen Haaren. Blätter deutlich gestielt (1,5-4(-6) mm), kraushaarig, drüsig gezähnt, bis 10 cm lang und bis 3 cm breit. Kronblätter 4-7 mm, rosa oder weiß, kaum aus dem Kelch herausragend, vorn tief eingeschnitten; Blüten mit langer Röhre, Kapsel 4-6,5 cm lang, drüsig. Verwechslungsmöglichkeit mit Epilobium montanum und Epilobium roseum.

Biologie und Ökologie

Wuchsverhalten: Der Wurzelstock des drüsigen Weidenröschens bildet im Herbst kleine Laubrosetten am Stängelgrund.
Vegetative Ausbreitung: Die Art bildet keine Ausläufer. Generative Ausbreitung: Samen 1 mm lang, länglich, mit weißen spitzen Papillen, die dicht gedrängt in auffallenden Längsreihen stehen, so dass der Samen weiß gestreift erscheint; an der Spitze und am Grund mit kurzem durchsichtigem Anhängsel.
Verbreitungswege: Windverbreitung. Anthropogene Fernausbreitung v.a. über Autoverkehr, Verschleppung mit Forstkulturen.

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Nordamerika Aktuelle Verbreitung in Europa: hauptsächlich in Nord- und Westeuropa: in Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Skandinavien, Finnland, Österreich, Tschechien, Polen und Russland (www.europe-aliens.org).
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: in ganz Deutschland weit verbreitet; dünnt in der nordostdeutschen Seenplatte und im Süden Deutschlands etwas aus

Prüfung und Erfassung


Sonstige Arten-Attribute

  • Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Gefäßpflanzen (BfN-Skripten 352)

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota (Neozoon/Neophyt) (eingebürgert, bodenständig)

Bemerkung zum Status

(*) Neobiota etabliert, stabil oder in Ausbreitung befindlich

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

Aktuelle Verbreitung in Sachsen: Das Drüsige Weidenröschen ist in Sachsen flächendeckend verbreitet und sehr häufig. Nach Gutte (in lit.) in den letzten Jahrzehnten nicht mehr weiter in Ausbreitung, eher schwach rückläufig, Hauptverbreitungsjahre 60-80er Jahre des 20. Jahrhunderts.

Verbreitung und Einbürgerung

Einbürgerungszeit: 1911 im Botanischen Garten in Hamburg kultiviert, 1927 erstmals im Rheinland nachgewiesen. Das Drüsige Weidenröschen gehört zu den ausbreitungsstärksten Neophyten der letzten Jahrzehnte. Expansive Ausbreitung nach 1950, der Ausbreitungsverlauf in den letzten 5-10 Jahren ist jedoch unbekannt.
Einbürgerungsgrad in Sachsen: vollständig
Einbürgerungsweise: absichtlich; im Botanischen Garten angepflanzt; verwildert

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Lebensraum im Herkunftsgebiet: Nicht bekannt 
Lebensraum in Sachsen: Gräben, Bachröhrichte, Müllplätze, sandig-kiesige Brachen, auch in gestörten Wäldern

Ökologische Charakterisierung

  • Offene Landschaft
  • Siedlungsgebiete, Städte
  • Ufer
  • Wald und waldähnliche Gehölze

Höhenstufen

  • collin
  • hochmontan
  • montan
  • planar

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung:
• eine Zurückdrängung heimischer Epilobium-Arten wird für möglich gehalten, ist aber bisher noch nicht untersucht
• langanhaltende Präsenz auf Ackerbrachen
• als Neophyt vorwiegend des Offenlandes spielt die Art in Wäldern nur eine untergeordnete Rolle

Betroffene Schutzgüter: bisher keine bekannt

Wirtschaftliche Beurteilung: Wird heute als Arzneipflanze wie andere kleinblütige Epilobium-Arten auch gegen Prostataleiden verwendet.

Negative gesundheitliche Auswirkungen: Keine gesundheitlichen Auswirkungen bekannt oder zu erwarten.

Wissensdefizite in Sachsen:
• Kartierlücken in Sachsen
• Verdrängung einheimischer Epilobium-Arten durch Hybridisierung

Fazit für Sachsen: In Sachsen ist das Drüsige Weidenröschen gegenwärtig als wenig problematisch einzustufen, jedoch ist die Frage der Verdrängung einheimischer Epilobium-Arten durch Hybridisierung zu untersuchen.

Management

Präventive Maßnahmen:

  • Verhinderung absichtlicher Ausbringung und Handlesverzicht (Nehring et al. 2013)
  • zur Früherkennung ist ein systematisches Monitoring  v.a. in der Nähe von gefährdeten Biotopen empfehlenswert (Schmiedel et al. 2015).

  • Verhinderung der Fernausbreitung durch Autoverkehr oder der Verschleppung mit Forstpflanzen durch verseuchten Boden mit Diasporen oder Pflanzenresten (Kowarik 2010).


Bekämpfungsstrategien:
• auf Einzelflächen mehrfache jährliche Mahd
• eine erfolgreiche regionale oder überregionale Zurückdrängung scheint ausgeschlossen

Nicht zu empfehlende Maßnahmen: Einmaliges jährliches Mähen auf Vorkommensflächen ist zu vermeiden, da dies den Neophytenanteil fördert.

Handlungsbedarf: Die Art wird gegenwärtig als nicht problematisch bzw. invasiv eingeschätzt. Daher ergibt sich kein Handlungsbedarf.
Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm

Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/cadenzaweb2014/commands.xhtml?Login.Anonymous</p
Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Art als nichtproblematisch oder invasiv eingeschätzt

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Gutte, P. (2006): Flora der Stadt Leipzig einschließlich Markleeberg. Weissdorn-Verlag. Jena. 278 S.
Gutte, P., Hardtke, H.-J., & Schmidt, P. (2013): Die Flora Sachsens und angrenzender Gebiete. Ein pflanzenkundlicher Exkursionsführer. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 983 S.
Hardtke, H.-J., Klenke, F. & Müller, F. ( 2013): Flora des Elbhügellandes und angrenzender Gebiete. Sandstein Verlag, Dresden, 718 S. Otto, H.-W. (2003): Der Bautzener Güterbahnhof als bemerkenswerter Pflanzenstandort. Sächsische Floristische Mitteilungen 8, S. 45-66.
Otto, H.-W. (2004): Die Farn- und Samenpflanzen der Oberlausitz. Berichte der naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz. 12. Görlitz. Uhlmann, H. (2005): Flora Nossen/Rosswein im Klosterbezirk Altzella. Gersdorf, 248 S.

Weiterführende Literatur:
Essl, F. & Walter, J. (2005): Ausgewählte Neophyten. In: Wallner, R.M. (Hrsg.), Aliens. Neobiota in Österreich. Böhlau, Wien, S. 49-100. Geith, K. (1924): Experimentell-systematische Untersuchungen an der Gattung Epilobium L. Bot. Archiv 6, 123-186.
Jäger, E. (1986): Epilobium ciliatum Raf. (E. adenocaulon Hausskn.) in Europa. Wiss. Z. Martin-Luther-Univ. Halle- Wittenbg. 5, S. 122-134. Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen. Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa, 2. Aufl. Ulmer, Stuttgart, 492 S.
Ludwig, W. (1962): Epilobium adenocaulon, ein Neuankömmling in der hessischen Flora. Hess. Florist. Briefe 11, S. 29-32.
Nehring, S., Essl, F. & Rabitsch, W. (2013): Methodik der naturschutzfachlichen Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Arten, Version 1.2. BfN-Skripten 340: 46 S. http://www.neobiota.de/fileadmin/NEOBIOTA/documents/NIB/BfN_NIB-Pflanzen_Epilobium-ciliatum_2013-06-30.pdf
Nehring, S., Kowarik, I., Rabitsch, W. & Essl, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352. http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf
Prach, K., Hadinec, J., Michálek, J. & Pyšek, P. (1995): Forest planting as a way of species dispersal. For. Ecol. Manag. 76, S. 191-195.
Schmidt, W., Dölle, M., Bernhardt-Römermann, M. & Parth, A. (2009): Neophyten in der Ackerbrachen-Sukzession - Ergebnisse eines Dauerflächen-Versuchs. Tuexenia 29, S. 236-260.
Schmitz, U., Ristow, M., May, R. & Bleeker, W. (2008): Hybridisierung zwischen Neophyten und heimischen Pflanzenarten in Deutschland. Natur und Landschaft. 83, S. 444-451.
Schmidt, W., Heinrichs, S., Weckesser, M., Ebrecht, L.& Lambertz, B.(2008): Neophyten in Buchen- und Fichtenwäldern des Sollings. Braunschweiger Geobotanische Arbeiten, 9, S. 405-434.
Schmiedel, D., Wilhelm, E.-G., Nehring, S., Scheibner, C., Roth, M. & S. Winter (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141/1. Bonn- Bad Godesberg, Landwirtschaftsverlag.

Snogerup, S. 2010: Epilobium. In: Jonsell, B. & Karlsson, T. (Hrsg.): Flora Nordica. Bd. 6, Stockholm.

Links:
http://www.floraweb.de/pflanzenarten/artenhome.xsql?suchnr=21642& , abgerufen am 13.02.2015
http://www.korina.info/?q=node/149 , abgerufen am 13.02.2015

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 05.07.2015; Bearbeiter: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm