Ardea purpurea Linnaeus, 1766 / Purpurreiher

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:SG (streng geschützt)
Vogelschutzrichtlinie Schutzstatus:VRL-Anh.I (Art des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie)
Rote Liste Deutschland:R (extrem selten)
Rote Liste Sachsen:nb

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

weltweit 3-4 Unterarten; in Mitteleuropa kommt Ardea purpurea purpurea Linnaeus, 1766 vor

Kennzeichen

Mit einer Körperlänge von 70 bis 90 Zentimetern (bei gestrecktem Hals) ist der Purpurreiher etwas kleiner als der Graureiher. Im Flugbild sind beide Arten aufgrund der Größe und wegen des eingezogenen Halses ähnlich, der Purpurreiher wirkt aber dunkler und weniger kontrastreich. Die Seiten des Kopfes sowie der Hals sind rotbraun, an den Seiten des Halses befinden sich schwarze Längsstreifen. Der Rücken des Reihers ist dunkelgrau, die Flügeldecken haben besonders bei Männchen eine braunviolette Tönung. Der Flugruf ähnelt dem des Graureihers (jedoch höher und weniger kräftig), der Purpurreiher ist aber außerhalb der Brutkolonien weitgehend schweigsam.

Biologie und Ökologie

Der Purpurreiher bewohnt ausgedehnte Schilfröhrichte, die zumindest teilweise wasserdurchflutet sein müssen. In der Regel ist er Koloniebrüter. In Deutschland (am Rande seines Verbreitungsgebietes) wurden jedoch wiederholt Einzelbruten registriert, die man mitunter auch im Umfeld von Brutkolonien anderer Reiherarten findet.
In monogamer Saisonehe findet eine Jahresbrut statt. Sein Nest baut der Purpurreiher zumeist auf umgeknickten Halmen von reinem Altschilf, aber auch in Mischbeständen aus Schilf und Verlandungsgebüschen (Erlen, Weiden). Er legt meist 4-5 Eier und brütet 25-30 Tage. Mit ca. 20 Tagen verlassen die Jungen das Nest und klettern im Schilf umher, flügge sind sie mit 45-50 Tagen nach dem Schlupf.
Der Purpurreiher ist ein Langstreckenzieher, dessen Winterquartiere in den Steppengebieten West-, Ost- und Südafrikas liegen. Einzelne überwintern auch in Süd- und Südosteuropa.

Überregionale Verbreitung

Das Verbreitungsgebiet des Purpurreihers umfasst Nordwest-, Zentral- und Südafrika, den Süden Europas und daran anschließend das westliche Asien bis in den Westen Pakistans. Außerdem tritt die Art in Südost- und Ostasien von Indien und Sri Lanka nach Osten bis zu den Philippinen und nach Norden bis ins südöstlichste Russland auf. In Europa gibt es regionale Brutpopulationen in Spanien, Frankreich, Süddeutschland, Österreich, Italien, auf der Balkanhalbinsel, in Griechenland, Ungarn, Rumänien und Bulgarien und eine flächendeckende Verbreitung von Südpolen bis zum Schwarzen Meer.
Die zerstreuten und individuenarmen Brutvorkommen im südlichen Deutschland (Schwerpunkt Oberrheinebene, sonst nur punktuell am Bodensee und in Bayern zwischen Main und Donau) befinden sich am Rande des eigentlichen Verbreitungsgebietes.

Prüfung und Erfassung


Hinweise für Artenschutzprüfung

  • Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
  • Einzelvorkommen als Bezug für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfungen

Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung

Brut- und Gastvogelaspekt

Untersuchungsstandards

Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)

Sonstige Arten-Attribute

  • Besonders störungsempfindlich (TK25-Viertelquadrant)
  • Triggerart (Vögel) - Brut
  • Triggerart (Vögel) - Durchzug
  • Brutvogelart der SPA-Erhaltungszieleverordnungen
  • Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
  • Brutvogelart in den SPA-Standarddatenbögen (neu) - Fortpflanzung
  • Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)

Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)

  • als Brutvogel: I.3 (sehr hoch)
  • als Gastvogel: III.6 (mittel)

Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)

  • als Brutvogel: 1 (sehr hoch)
  • als Gastvogel: 3 (mittel)

Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)

  • als Brutvogel: 3 (hoch)
  • als Gastvogel: 4 (relativ hoch)

Vorkommen


Status Etablierung

Singularität, Irrgast, Gefangenschaftsflüchtling

Status Vögel

Brutvogel, Gastvogel

Bemerkung zum Status

wahrscheinlicher sporadischer Brutvogel im MTB 4840 (bislang ohne sicheren Brutnachweis), ansonsten gelegentlicher Gast in Einzelindividuen

Nachweisabsicherung

Ja

Langfristiger Bestandstrend

gleichbleibend

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

2005-2009: 0-1 BP (Steffens et al. 2013)

2016: 0 BP (Expertenschätzung)

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Naturraumkarte

Naturraumkarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Erläuterung Phänologie

Brutverdächtige Purpurreiher wurden in Sachsen von Mai bis Juli beobachtet, die übrigen Nachweise gelegentlicher Gastvögel lagen im Zeitraum Mitte April bis Mitte November (Steffens et al. 1998, 2013).

Lebensraum


Für den Zeitraum 2005-2009 liegen mehrfach Brutzeitbeobachtungen in einem großen, unzugänglichen Schilfkomplex in der Bergbaufolgelandschaft im Südraum von Leipzig (bei Borna) vor.

Lebensräume nach Artenschutzrecht

Fortpflanzungsstätten:
Fortpflanzungsstätte ist bei Einzelbrütern das Nest und bei Koloniebrütern die Kolonie. Sind (wie bislang in Sachsen) keine konkreten Neststandorte bekannt, sollte der gesamte zur Brutzeit besiedelte Röhrichtkomplex als Fortpflanzungsstätte betrachtet werden.

Ruhestätten:
Die Ruhestätten dürften zur Brutzeit in der unmittelbaren Nestumgebung liegen.

Habitatkomplexe

  • Bergbaubiotope
  • Stillgewässer inkl. Ufer
  • Sümpfe, Niedermoore, Ufer

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Bergbaubiotope
  • Stillgewässer inkl. Ufer
  • Sümpfe, Niedermoore, Ufer

Höhenstufen

  • planar

Sonstiges


Literatur

Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Nonpasseriformes – Nichtsingvögel. AULA-Verlag, Wiesbaden.

Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)

Dürr, T. (2015): Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland - Daten der zentrale Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg, Stand 02.06.2015. Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) des Landes Brandenburg. (Excel-Tabelle 'Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland')

Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.

Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.

LAG VSW (Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten)(2014): Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten. Ber. Vogelschutz 51: 15-42.

LUBW (2015): Hinweise zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen. LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (Veröffentlichung als PDF-Datei)

LFU BAYERN (2014): Arteninformation Purpurreiher des Bayrischen Landesamtes für Umwelt. (Purpurreiher Ardea purpurea)

Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)

Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.

Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.

Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.

https://de.wikipedia.org/wiki/Purpurreiher

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG

Stand: 02.02.2022

Erstbearbeitung: 22.08.2016; Bearbeiter: Hans-Markus Oelerich, Jörg Huth (Halle)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022

Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.

Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html

Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html

Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html

Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de