Parthenocissus inserta (A.Kern.) Fritsch / Gewöhnliche Jungfernrebe

Synonyme


Gewöhnliche Jungfernrebe, Parthenocissus quinquefolia auct. non (L.) Planchon, Parthenocissus vitacea (A. Kern) Hitchc., Vitis inserta Kern., Wilder Wein

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Rote Liste Sachsen:(*)

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

Mögliche Bildung von Hybriden zwischen Parthenocissus inserta und P. tricuspidata.

Kennzeichen

Bis über 10 m hoch kletternde, verholzte Liane mit braunroter Rinde und handförmig zusammengesetzten Laubblättern. Diese bestehen aus meist 5 gestielten, lanzettlichen und gezähnten Teilblättern von 6-15 cm Länge und grün glänzender Farbe, im Herbst tiefrote Färbung. Die blattgegenständigen Ranken bestehen aus 3-5 Armen und haben keine Haftscheiben an den Enden. Der Blütenstand bildet eine halbkugelige Rispe. Die gelbgrünen Blüten haben ca. 3 mm lange Kronblätter. Die Früchte sind dunkelblaue Beeren von 5-7 mm Durchmesser. Verwechslungsmöglichkeit mit der Fünffingerigen Jungfernrebe (Parthenocissus quinquefolia, Ranken mit 5-8 Armen und Haftscheiben am Ende) und der Dreispitzigen Jungfernrebe (P. tricuspidata, dreilappige oder tief dreiteilige Blätter).

Biologie und Ökologie

Wuchsverhalten: Kletterpflanze, bildet ein dichtes Hangwerk von Sprossen und Blättern an Bäumen oder anderen Stützen, so dass in Wäldern oder Forsten mitunter 100m² große, kaum zu durchdringende Dickichte entstehen (Gutte 2013/14). Wenn keine Stütze vorhanden ist, wachsen die Triebe auf dem Boden als Kriechsprosse.
Vegetative Ausbreitung: Aus kleinsten Pflanzenteilen werden neue Sprösslinge gebildet
Generative Ausbreitung: Über Beeren
Verbreitungswege: Beeren werden von Vögeln gern verzehrt und verbreitet

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Nordamerika, insbesondere Kanada
Aktuelle Verbreitung in Europa: Weite Verbreitung in Europa, z. B. Spanien, Frankreich, England, östliche Grenze in Russland bis weit vor das Uralgebirge (www.europe-aliens.org)
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: In ganz Deutschland verbreitet, mit Verbreitungslücke in Mecklenburg- Vorpommern und nur einzelnen Fundpunkten im südlichen Bayern (http://deutschlandflora.de)

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota, etabliert

Bemerkungen Neobiota

(*) Neobiota etabliert, stabil oder in Ausbreitung befindlich

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

Aktuelle Verbreitung in Sachsen: Mäßig häufig oder zerstreut bis ins untere Bergland. Besonders häufig ist die Art in urban- industriellen Ballungsgebieten anzutreffen. Im Raum Nossen/ Roßwein nehmen Verwilderungen zu (Uhlmann 2005). In der Oberlausitz kommt die Art zerstreut im gesamten Gebiet vor (Otto 2012). Zahlreiche Fundpunkte finden sich in und um Leipzig (Gutte 2006). Vorkommen in über 100 MTB-VQ (Gutte 2001).

Verbreitung und Einbürgerung

Einbürgerungszeit: Um 1610 nach London eingeführt. Mitte des 19. Jh. in Leipzig und Umgebung häufig an Lauben und Mauern gepflanzt, jedoch noch keine Verwilderungen bekannt. Erster Beleg einer Verwilderung für Leipzig 1933 von O. Fiedler (Gutte et al. 2013).
Einbürgerungsgrad in Sachsen: Vollständig eingebürgert
Einbürgerungsweise: Vielfache Verwendung als Kletterpflanze in Gärten und Landschaftsparks des 18. Jh., von dort ausgehend verwildert

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Lebensraum im Herkunftsgebiet: Klettert im natürlichen Lebensraum bis 30 m hoch auf Bäume.
Lebensraum in Sachsen: Der Verbreitungsschwerpunkt liegt in collinen bis submontanen Auwäldern sowie an Waldrändern, lichten Gebüschen und auf ruderalen Böschungen bzw. Ruderalfluren.

Ökologische Charakterisierung

  • Laubwald, Laubmischwald

Höhenstufen

  • collin
  • montan
  • planar

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung: Etablierte Bestände der Fünfblättrige Zaunrebe können v.a. in Auwäldern große Gebiete überwuchern. Diese hemmen durch ihr dichtes Blattwerk den natürlichen Unterwuchses und verhindern die Naturverjüngung.

Betroffene Schutzgüter: Auwälder

Wirtschaftliche Beurteilung:
• P. inserta ist Futterpflanze für den Weinschädling Theresimima ampellophaga, der zwischenzeitlich in Europa fast ausgerottet war, über die Ausbreitung von Parthenocissus-Arten aber wieder einwandern könnte (TARMANN 1998).
• die Rinde der Pflanze wurde medizinisch verwendet
• die Indianer Kanadas benutzten den eingekochten Saft der Zweige als Sirup zum Kochen

Negative gesundheitliche Auswirkungen: Keine gesundheitlichen Auswirkungen bekannt oder zu erwarten.

Wissensdefizite in Sachsen: Spezifische Kenntnisse über die Gefährdung von heimischen Wildpflanzen.

Fazit für Sachsen: Auch wenn bislang noch keine negativen Auswirkungen auf die heimische Flora und Fauna nachgewiesen wurden, ist eine mehr oder minder große Gefährdung anzunehmen.

Management

Präventive Maßnahmen: Verzicht auf Handel und Anpflanzung

Bekämpfungsstrategien:
• Jungpflanzen lassen sich leicht ausreißen. Das Entfernen von Altpflanzen ist hingegen schwieriger, da kaum der ganze Wurzelstock mit Ausläufern entfernt werden kann.
• Da kleinste Sprossteile neue Pflanzen bilden können, ist eine Bekämpfung vor allem größerer Bestände schwierig. Das Pflanzenmaterial sollte vollständig entfernt und kompostiert oder verbrannt werden.

Handlungsbedarf: Da die Bekämpfung größerer Bestände schwierig ist, sollte das Hauptaugenmerk auf Prävention gelegt werden, d.h. Verzicht auf Handel und Anpflanzung.

Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm ; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm

Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/ida

Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf für ein Management überwiegend gering oder nicht vorhanden

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Gutte, P. (2001): Sachsens Neophyten – eine Übersicht. In: Brandes, D. (Hrsg.) Adventivpflanzen. Beiträge zu Biologie, Vorkommen und Ausbreitungsdynamik von Archäophyten und Neophyten in Mitteleuropa. Tagungsbericht des Braunschweiger Kolloquiums vom 3.-5. November 2000. Braunschweig, S. 151-160.
Gutte, P. (2006): Flora der Stadt Leipzig einschließlich Markkleeberg. Weissdorn-Verlag, Jena, 278 S. Gutte, P. (2014/14): Die gegenwärtige floristische Zusammensetzung von zwei Stadtwäldern in Leipzig und Markkleeberg. Sächsische Floristische Mitteilungen 16, 71-87.
Gutte, P., Hardtke, H.-J., & Schmidt, P. (2013): Die Flora Sachsens und angrenzender Gebiete. Ein pflanzenkundlicher Exkursionsführer. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 983 S.
Hardtke, H.-J., Ihl, A. (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. In: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Dresden. 806 S.
Hardtke, H.-J, Klenke, F. & Müller, F. (2013): Flora des Elbhügellandes und angrenzender Gebiete. Sandstein-Verlag Dresden, 718 S.
Otto, H.-W. (2012): Die Farn- und Samenpflanzen der Oberlausitz. Verzeichnis der in der sächsischen und brandenburgischen Oberlausitz wildwachsenden Gefäßpflanzen sowie der forst- und landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und der verwilderten Zierpflanzen. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz, Supplement zu Band 20, Görlitz.
Uhlmann, H. (2005): Flora - Nossen, Rosswein im Klosterbezirk Altzella, MTB 4945. Striegistal. 248 S.

Weiterführende Literatur:
Essl, L. & Schiffleithner, V. (2010): Untersuchungen ausgewählter Neophyten im NP Thayatal im Jahr 2010: Verbreitung und Evaluierung von Managementmaßnahmen. Wien, 66 S. http://www.parcs.at/npt/pdf_public/2013/10489_20131008_151951_Evaluierungsbericht_2010.pdf Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart, 492 S.
Tarmann, G. M. (1998): Die Weinzygaene Theresimima ampellophaga (BAYLE-BARELLE 1808) (Lepidoptera, Zygaenidae, Procridinae) Kehrt ein verschwundener Weinschädling zurück? Stapfia 55, S. 57-84.
Weber E. (2013): Invasive Pflanzen in der Schweiz. Erkennen und bekämpfen. 1. Auflage, Haupt Verlag, Bern, 224 S.

Links:
http://www.korina.info/?q=node/187 , abgerufen am 08.05.2015
http://www.infoflora.ch/de/assets/content/documents/neophyten/inva_part_ins_d.pdf
http://www.bee-info.de/trachtpflanzen/wilder-wein.html , abgerufen am 08.05.2015
http://www.neophyten-schweiz.ch/index.php?p=2&t=15 , abgerufen am 08.05.2015

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 05.07.2015; Bearbeiter: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm