Quercus rubra L. / Rot-Eiche

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Rote Liste Sachsen:(*)

Allgemeine Arteninformationen


Kennzeichen

Bis 30 m hoher und 2 m starker Baum. Einhäusig. Männliche Blüten in Kätzchen, weibliche unscheinbar in wenigblütigen Ähren. Blätter 10-23 cm lang, auf jeder Blatthälfte 4-5 spitz zulaufende Lappen, die tief eingekerbt sind. Blattstiel 2-5 cm lang. Auffallend leuchtend-rote Herbstfärbung der Blätter. Früchte bis 2,5 cm lang, gedrungen eiförmig, in einem flachen Becher, der am Rand wulstig ist. Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen nordamerikanischen Arten, die bei uns vor allem in Siedlungen gepflanzt werden: Q. coccinea (tief fiederspaltige Blätter), Q. palustris (kleinere Blätter die in sehr schmale Lappen ausgezogen sind) und Q. velutina (unterseits behaarte Blätter).

Biologie und Ökologie

Wuchsverhalten: Das Jugendwachstum übertrifft in den ersten Lebensjahrzehnten das der einheimischen Eichen und der Rotbuche, nimmt dann aber auf ähnliche Werte wie bei diesen ab. Erbringt für die Forstwirtschaft sehr gute bis befriedigende Wuchsleistungen. Geringe Anfälligkeit gegenüber biotischen Risiken wie Pilze und Insekten. Durch intensives Wurzelsystem sehr sturmfest. Für Straßenränder ungeeignet, da ihre Wurzeln die Asphaltdecke anheben.
Vegetative Ausbreitung: durch Stockausschlag
Generative Ausbreitung: Windbestäubung. Fruktifikation ab einem Alter von ca. 25 Jahren, bis ins hohe Alter reichliche Samenproduktion. Gute Mastjahre alle 2-3 Jahre. Keine Samenbankbildung. Ein großer Teil der Eicheln geht durch Fraß von Insekten, Vögel und Nagetieren verloren, so dass nur ca. 1% der Samen für die Regeneration zur Verfügung steht. Zur Keimung muss die Keimwurzel unmittelbar den Boden erreichen, damit der Keimling nicht vertrocknet. Für die Etablierung der Keimlinge ist vor allem Licht (mind. 30 % relative Beleuchtung) Ausschlag gebend. Die Schattentoleranz ist gering.
Verbreitungswege: Die schweren Samen werden nur über kurze Distanzen ausgebreitet. Eichelhäher jedoch können die Eicheln über mehrere Kilometer tragen. Dadurch gelangt die Rot-Eiche auch ins weitere Umfeld forstlicher Anpflanzungen.

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Östliche USA und angrenzender Südosten Kanadas
Aktuelle Verbreitung in Europa: In weiten Teilen Europas verbreitet und forstwirtschaftlich genutzt (www.europe-aliens.org)
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: In ganz Deutschland weit verbreitet mit jedoch nur vereinzelten Beständen in Mecklenburg- Vorpommern (www.deutschlandflora.de). Die Rot-Eiche nimmt einen Flächenanteil im Hauptbestand von 0,4 % der Waldfläche ein und ist damit flächenmäßig die bedeutendste eingeführte Laubbaumart.

Prüfung und Erfassung


Sonstige Arten-Attribute

  • Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Gefäßpflanzen (BfN-Skripten 352)

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota, etabliert

Bemerkung zum Status

Wegen ihres Vorkommens auch in naturnaher Felsvegetation gilt sie in Deutschland als Agriophyt (= gebietsfremde, aber in der natürlichen Vegetation heimisch gewordene und sich ohne Zutun des Menschen erhaltende Art.

Bemerkungen Neobiota

(*) Neobiota etabliert, stabil oder in Ausbreitung befindlich

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

gleichbleibend

Kurzfristiger Bestandstrend

gleichbleibend

Bestand

Aktuelle Verbreitung in Sachsen: Die Rot-Eiche ist in Sachsen häufig, im gesamten Gebiet als Forst- und Straßenbaum angepflanzt und oft verwildert (Gutte 2013, Otto 2012). Vorkommen sind in über 100 MTB-Viertelquadranten belegt (Gutte 2001).

Verbreitung und Einbürgerung

Einbürgerungszeit: 1724 nach Europa eingeführt
Einbürgerungsgrad in Sachsen: Vollständig
Einbürgerungsweise: Zunächst als Parkbaum gepflanzt und ab Mitte des 18. Jahrhunderts erste forstliche Versuchsanpflanzungen in Deutschland; seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert umfangreiche Forstanpflanzungen

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Lebensraum im Herkunftsgebiet: Weites Areal mit jährlichen Niederschlägen zwischen 760 und 2030 mm. Kommt in mehreren Mischwaldtypen vor und meidet nur verdichtete und staunasse Standorte.
Lebensraum in Sachsen: Wie im Herkunftsgebiet: breite Standortsamplitude hinsichtlich Boden und Klima. Bezüglich des Bodens geringere Ansprüche als heimische Eichenarten. Von zahlreichen Anpflanzungen ausgehend tritt die Art verwildert in Wäldern, Parks und Ödland sowie auf Waldgrenzstandorten wie Felskomplexen auf.

Ökologische Charakterisierung

  • Laubwald, Laubmischwald

Höhenstufen

  • collin
  • montan
  • planar

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung:
• Die Rot-Eiche verdrängt auf xerothermen Standorten die heimische Trauben-Eiche (Quercus petraea) durch den starken Schattenwurf des dichten Blattwerkes und konkurriert evtl. auch mit der heimischen Buche (Fagus sylvatica) (Dressel & Jäger 2002). Dadurch sind auch ehemalige Niederwälder gefährdet. Die Rot-Eiche kann aus Aufforstungen heraus in naturnahe Wälder eindringen, baut jedoch kaum Dominanzbestände auf.
• Besonders problematisch sind die Vorkommen an Waldgrenzstandorten wie z. B. auf Felsen der Sächsischen Schweiz, wo lichtliebende Arten verdrängt werden und eine Beschleunigung der Sukzession erfolgt. Q. rubra scheint vertikale Felsspalten effektiver als Wurzelraum zu nutzen als Q. petraea und ist auf solchen Standorten gut etabliert.
• die schlecht abbaubare Laubstreu führt zur nachhaltigen Veränderung des Bodens, da die Zersetzerfauna wahrscheinlich nicht angepasst ist
• da die Rot-Eiche von Tieren wie z. B. phytophagen Insekten weniger angenommen wird als heimische Eichen, baut sie artenärmere Biozönosen auf

Betroffene Schutzgüter: Offene Felsbildungen

Wirtschaftliche Beurteilung: Die Rot-Eiche spielt insbesondere aufgrund ihrer guten Wuchsleistung und breiten Standortamplitude forstwirtschaftlich eine bedeutende Rolle. Hohe Massenleistung mit nur halb so langer Produktionszeit kompensiert die etwas schlechtere Holzqualität und den Holzerlös im Vergleich zu einheimischen Eichen. Jedoch ist eine nachlassende forstliche und landschaftsgärtnerische Verwendung zu verzeichnen.

Negative gesundheitliche Auswirkungen: Keine gesundheitlichen Auswirkungen bekannt oder zu erwarten.

Wissensdefizite in Sachsen: Der meist nicht dokumentierte Einbürgerungsstatus erschwert die Unterscheidung zwischen Pflanzungen und Verwilderungen.

Fazit für Sachsen: Rot-Eichen-Vorkommen im Siedlungsbereich und in Forsten sind eher unproblematisch. Jedoch bestehen an Waldgrenzstandorten wie Felsen insbesondere in der sächsischen Schweiz naturschutzfachliche Konflikte durch Verdrängung heimischer Arten und Beschleunigung der Sukzession.

Management

Präventive Maßnahmen: Das Ausbringen von gebietsfremden Pflanzen in der freien Natur ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 40 Abs. 4) grundsätzlich genehmigungspflichtig. Wegen der Ausbreitungsmöglichkeit durch Eichelhäher über größere Distanzen sollte bei Neupflanzungen ein Mindestabstand von 2 km um empfindliche Felsbiotope eingehalten werden.

Bekämpfungsstrategien: Mechanische Maßnahmen zum Zurückdrängen der Baumart und deren Stockausschlag können nach der Fällung entweder durch sehr häufiges Zurückschneiden oder durch die Rodung des Wurzelstocks gelingen.

Nicht zu empfehlende Maßnahmen: Fällungen ohne anschließende Beseitigung des Stockausschlags sind ineffektiv. Ebenso wird von einer anschließenden Behandlung mit Herbiziden abgeraten, da deren Einsatz negative Auswirkungen auf andere Organismen und die menschliche Gesundheit hat (Schmiedel et al. 2015).

Handlungsbedarf: Rot-Eichen-Vorkommen bedürfen im Siedlungsbereich und in Forsten keines Managements. Eine Bekämpfung sollte jedoch auf Waldgrenzertragsstandorten wie auf Felsen und in deren Umfeld erwogen werden.

Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm ; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm

Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/cadenzaweb2014/commands.xhtml?Login.Anonymous</p
Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Art als nichtproblematisch oder invasiv eingeschätzt

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Dressel, R. & Jäger, E. J. (2002): Beiträge zur Biologie der Gefäßpflanzen des herzynischen Raumes. 5. Quercus rubra L. (Roteiche): Lebensgeschichte und agriophytische Ausbreitung im Nationalpark Sächsische Schweiz. Hercynia N.F. 35, S. 37-64.
Gutte, P. (2001): Sachsens Neophyten – eine Übersicht. In: Brandes, D. (Hrsg.) Adventivpflanzen. Beiträge zu Biologie, Vorkommen und Ausbreitungsdynamik von Archäophyten und Neophyten in Mitteleuropa. Tagungsbericht des Braunschweiger Kolloquiums vom 3.-5. November 2000. Braunschweig, S. 151-160.
Gutte, P. (2006): Flora der Stadt Leipzig einschließlich Markkleeberg. Weissdorn-Verlag, Jena, 278 S. Gutte, P., Hardtke, H.-J., & Schmidt, P. (2013): Die Flora Sachsens und angrenzender Gebiete. Ein pflanzenkundlicher Exkursionsführer. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 983 S.
Hardtke, H.-J., Ihl, A. (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. In: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Dresden. 806 S.
Otto, H.-W. (2012): Die Farn- und Samenpflanzen der Oberlausitz. Verzeichnis der in der sächsischen und brandenburgischen Oberlausitz wildwachsenden Gefäßpflanzen sowie der forst- und landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und der verwilderten Zierpflanzen. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz, Supplement zu Band 20, Görlitz.
Uhlmann, H. (2005): Flora Nossen/Rosswein im Klosterbezirk Altzella. Gersdorf, 248 S.

Weiterführende Literatur:
Goßner, M. (2004): Diversität und Struktur arborikoler Arthropodenzönosen fremdländischer und einheimischer Baumarten. Ein Beitrag zur Bewertung des Anbaus von Douglasie (Pseudotsuga menziesii (Mirb.) Franco) und Roteiche (Quercus rubra L.). Neobiota 5, 324 S.
Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart, 492 S.
Nehring, S., Kowarik, I., Rabitsch, W. & Essl, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352. http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf
Schmidt, P. A. & Hecker, U. (2009): Taschenlexikon der Gehölze. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter. Wiebelsheim, Quelle & Meyer. 665 S.
Schmiedel, D., Wilhelm, E.-G., Nehring, S., Scheibner, C., Roth, M. & S. Winter (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141/1. Bonn- Bad Godesberg, Landwirtschaftsverlag.
Vor, T., Spellmann, H., Bolte, A. & Ammer, C. (2015): Potenziale und Risiken eingeführter Baumarten: Baumartenportraits mit naturschutzfachlicher Bewertung. 233 S. http://www.dfwr.de/presse/pressemitteilungen/Studie_Potenziale_Risiken_eingefuehrter_Baumarten_Finalfassung.pdf
Zentralverband Gartenbau (2008): Umgang mit invasiven Arten. Empfehlungen für Gärtner, Planer und Verwender. Zentralverband Gartenbau, 37 S., https://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/presse/10-02-Invasive%20Arten_Anlage-2_selbstverpflich_1.pdf

Links:
http://www.neobiota.de/12629.html , abgerufen am 29.05.2015
http://www.korina.info/?q=node/67 , abgerufen am 29.05.2015
http://www.baumkunde.de/Quercus_rubra/ , abgerufen am 29.05.2015

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 05.07.2015; Bearbeiter: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm