Sarracenia purpurea L. / Braunrote Schlauchpflanze

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
Rote Liste Sachsen:(R)

Allgemeine Arteninformationen


Kennzeichen

Stängellose, karnivore (fleischfressende) rote Schlauchpflanze. Blätter immergrün. Röhrenförmige Blätter sprießen unmittelbar aus dem unterirdischen, seitwärts gerichteten Rhizom. Urtümlichste Art unter den Schlauchpflanzen, im Gegensatz zu anderen Schlauchpflanzen gibt es keinen Deckel über dem Schlaucheingang, so dass sich Regenwasser im Schlauch ansammeln kann. Pflanzen erreichen Größen von bis zu 40 cm. Verhältnis von Schlauchöffnung zu Schlauchlänge > 3:1. Einzelne Härchen auf Außenseite der Schläuche, auf der Innenseite jedoch glatt. Blüte hellrot bis rot, nickend und 3-5 cm breit. Blütenstängel 20-40 cm hoch. Die Art ist unverwechselbar.

Biologie und Ökologie

Wuchsverhalten: Fang von Beute erfolgt mit Hilfe der Schläuche, die mit Regenwasser und Bakterien (als Verdauungshelfer) gefüllte sind. Abwärts gerichtete Haare in Schläuchen verhindern das Entkommen der erbeuteten Insekten. Während des ersten Lebensjahres bildet das Fangblatt (der Schlauch) bei Vorhandensein einer Beute eigene Verdauungsenzyme (Hydrolasen). Im zweiten Jahr und in den Folgejahren übernehmen Mikroorganismen die Verdauung. Die Pflanze benötigt Ruhepause im Winter und mindestens 6 Stunden Sonne am Tag. Temperaturoptimum liegt bei 20 bis 25°C.
Vegetative Ausbreitung: über Teilung der Rhizome möglich, sofern die Teile mehrere Vegetationspunkte aufweisen.
Generative Ausbreitung: prinzipiell erste Blüte und Samenbildung im Alter von ca. 4 Jahren. Sämlinge nach einem Jahr ca. 5-10 cm groß. Generative Vermehrung in vorhandenen Beständen.
Verbreitungswege: Fernausbreitung durch Ansalbung. Natürliche Fernausbreitung bisher nicht nachgewiesen. Im Handel (Gartenbau) verfügbar.

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Östliches Nordamerika Aktuelle Verbreitung in Europa: Vorkommen in angrenzenden Ländern Dänemark, Frankreich, Österreich, Schweiz, Tschechien (www.europe-aliens.org)
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: Nur aus Sachsen, Brandenburg, Mittelfranken und dem Bayrischen Wald bekannt (http://www.deutschlandflora.de)

Prüfung und Erfassung


Sonstige Arten-Attribute

  • Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Gefäßpflanzen (BfN-Skripten 352)

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota, etabliert

Bemerkungen Neobiota

(R) Neobiota etabliert, sehr selten, meist nur ein Fundort

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

Daten ungenügend

Kurzfristiger Bestandstrend

gleichbleibend

Bestand

Aktuelle Verbreitung in Sachsen: In Bernsdorf bei Kamenz nach Ansalbung (seit 1963) sich ausbreitend; Vorkommen in Altenberg im Galgenteich nach jahrzehntelangem Vorkommen seit 1993 wieder erloschen

Verbreitung und Einbürgerung

Einbürgerungszeit: Bereits 1640 nach England eingeführt; 1858 bei Potsdam kultiviert; 1963 bei Kamenz (Sachsen) angesalbt und seitdem fester Bestandteil der Moorvegetation
Einbürgerungsgrad in Sachsen: Etabliert, extrem selten Einbürgerungsweise: Ansalbungen an passenden Standorten (Mooren) außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Der genaue Ausbreitungsverlauf ist in Deutschland und angrenzenden Ländern unbekannt.

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Lebensraum im Herkunftsgebiet: Saure Moorböden bis zu leicht alkalischen Sümpfen; Standort meist sehr nass, manchmal teilweise überflutet; auf deutliche Unterschiede zwischen Sommer und Winter hinsichtlich Wasserversorgung und Temperatur angewiesen (Winterruhe); Großteil natürlicher Habitate der Sarraceniaceae in den USA und in Kanada aufgrund verschiedener menschlicher Einflüsse inzwischen zerstört.
Lebensraum in Sachsen: Oligotrophe Moore

Ökologische Charakterisierung

  • Moore

Höhenstufen

  • collin
  • hochmontan
  • montan
  • planar

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung:
• Konkurrenz gegenüber heimischen Moorarten (z.B. Drosera rotundifolia und Andromeda polifolia)
• Veränderung von Nahrungsbeziehungen durch die karnivore Pflanze auf die Arthropodenfauna denkbar, aber bisher nicht untersucht
• Veränderung von Vegetationsstrukturen möglich, bisher aber nicht untersucht
• zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Gefährdung heimischer Arten bekannt (Lauterbach & Nehring 2013)
• Auswirkungen des Klimawandels unbekannt

Betroffene Schutzgüter: Moore

Negative gesundheitliche Auswirkungen: Keine gesundheitlichen Auswirkungen bekannt oder zu erwarten

Wissensdefizite in Sachsen: Große Wissenslücken und Forschungsbedarf bspw. hinsichtlich der Verdrängung anderer Arten bzw. der Veränderung von Nahrungsbeziehungen.

Fazit für Sachsen: Aufgrund der fehlenden Fernausbreitung ist das Gefährdungspotential für heimische Arten und Biotope nach gegenwärtigem Kenntnisstand gering. Jedoch handelt es sich bei den am ehesten betroffenen Mooren um hochsensible Lebensräume.

Management

Präventive Maßnahmen:
• Verhinderung absichtlicher Ausbringung ist zwingend
• ein Warnsystem zur Früherkennung in zu erwartenden Habitaten wird empfohlen (Schmiedel et al. 2015)
• Handelsverzicht & Öffentlichkeitsarbeit

Bekämpfungsstrategien: Mechanische Bekämpfung durch Ausreißen der Sprosse ist besonders in den frühen Stadien der Populationsentwicklung sinnvoll (Adlassnig et al. 2010). Dem steht jedoch der Status als besonders geschützte Art entgegen. Eine weitere Ausbreitung ist zu verhindern.

nicht zu empfehlende Maßnahmen: Von einem Einsatz von Glyphosat wird aufgrund der hohen Risiken für die Umwelt, insbesondere auch für Amphibien, und die Gesundheit des Menschen abgeraten (Brühl et al. 2013).

Handlungsbedarf: Der Handlungsbedarf für ein Management wird aus naturschutzfachlicher Sicht vom Landesamt in zahlreichen Einzelfällen als gegeben gesehen (Kategorie gelb). Gegenwärtig ist in Sachsen nur ein Vorkommen bekannt, das jedoch streng beobachtet werden sollte, ebenso wie ggf. Neuaufkommen.

Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm ; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm

Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm ;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/cadenzaweb2014/commands.xhtml?Login.Anonymous</p Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf für ein Management in zahlreichen Einzelfällen vorhanden

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Gutte, P. (2001): Sachsens Neophyten – eine Übersicht. In: Brandes, D. (Hrsg.) Adventivpflanzen. Beiträge zu Biologie, Vorkommen und Ausbreitungsdynamik von Archäophyten und Neophyten in Mitteleuropa. Tagungsbericht des Braunschweiger Kolloquiums vom 3.-5. November 2000. Braunschweig, S. 151-160.
Gutte, P., Hardtke, H.-J., & Schmidt, P. (2013): Die Flora Sachsens und angrenzender Gebiete. Ein pflanzenkundlicher Exkursionsführer. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 983 S.
Hardtke, H.-J., Ihl, A. (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. In: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Dresden. 806 S.

Weiterführende Literatur:
Adlassnig, W., Mayer, E., Peroutka, M., Pois, W. & Lichtscheidl, K. (2010): Two American Sarracenia species as neophyta in Central Europe. Phyton 49, S. 279-292.
Brühl, C.A., Schmidt, T., Pieper, S. & Alscher, A. (2013): Terrestrial pesticide exposure of amphibians: An underestimated cause of globale decline? Scientific Reports 3, S. 1-4.
Fürsch, H. (2001): Sarracenia purpurea im Bayerischen Wald. Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft 71, S. 169-170.
Marabini, J. (1994): Sarracenia purpurea L. – ein dauerhafter Gast in einem fränkischen Teichflachmoor. Hoppea 55, S. 499-504.
PPP-Index (2013): Online Pflanzeneinkaufsführer. http://www.ppp-index.de
Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart, 492 S.
Nehring, S., Kowarik, I., Rabitsch, W. & Essl, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352. http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf
Schmiedel, D., Wilhelm, E.-G., Nehring, S., Scheibner, C., Roth, M. & S. Winter (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141/1. Bonn- Bad Godesberg, Landwirtschaftsverlag.

Links:
http://www.neobiota.de , abgerufen am 28.08.2015
http://www.korina.info , abgerufen am 28.08.2015
http://www.fleischfressendepflanzen.de/db/species.ffp?id=23 , abgerufen am 28.08.2015

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 05.07.2015; Bearbeiter: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm