Ficedula parva (Bechstein, 1792) / Zwergschnäpper

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:SG (streng geschützt)
Vogelschutzrichtlinie Schutzstatus:VRL-Anh.I (Art des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie)
Rote Liste Deutschland:V (zurückgehende Art lt.Vorwarnliste, zurückgehende Pflanzengesellschaften (keine Gefährdungskategorie!))
Rote Liste Sachsen:R (extrem selten)

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

keine Unterarten

Kennzeichen

Der Zwergschnäpper erinnert auf den ersten Blick an ein Rotkehlchen, ist aber kleiner als dieses. In allen Kleidern ist die Oberseite einfarbig graubraun und der Schwanz typisch schwarz-weiß gezeichnet. Adulte Männchen haben einen weißen Augenring, graue Kopfseiten sowie eine blass bis intensiv orangerot gefärbte Kehle. Das Weibchen hat eine beigefarbene Kehle und keine graue Kopfzeichnung. Jungvögel sind auf bräunlichem Grund gelbbraun gefleckt.

Biologie und Ökologie

Der Zwergschnäpper brütet in hohen, relativ geschlossenen, alt- und totholzreichen Laub-, Misch- und Nadelwäldern. In Mitteleuropa ist er hauptsächlich an alte Buchen- und Buchenmischwälder gebunden, in deren Kronenbereich er unauffällig lebt. Die Art benötigt eine Dürrzweigzone, Freiraum zwischen Kraut-/Strauchschicht und Kronenschicht und bevorzugt luftfeuchte schattige Standorte (z. B. Bachtälchen).
Die Art ist ein Halbhöhlenbrüter (z. B. in Astausbrüchen), selten Höhlenbrüter. Es wird eine Jahresbrut mit 4-7 Eiern durchführt (Ersatzgelege sind möglich). Die Brutdauer beträgt 13-14 Tage, die anschließende Nestlingszeit 13-15 Tage.
Die Nahrung besteht zumeist aus fliegenden Insekten, die von einer Sitzwarte auf dürren Ästen im plötzlichen und schnellen Flug erbeutet werden. Daneben werden auch Spinnen und Larven im Blattwerk abgelesen und im Spätsommer/Herbst auch kleine Beeren gefressen.
Der Zwergschnäpper ist ein Langstreckenzieher, der in Nordost-Pakistan und Indien überwintert.

Überregionale Verbreitung

Der Zwergschnäpper ist Brutvogel der borealen und gemäßigten Zone von Südskandinavien, dem östlichen Mitteleuropa und dem Balkan bis nach Westsibirien. Die größten europäischen Bestände gibt es in Russland, Rumänien, der Ukraine, in Weißrussland und Lettland. Die westliche Arealgrenze führt durch Deutschland.
Der Schwerpunkt der deutschen Verbreitung liegt im Norden des Nordostdeutschen Tieflands (vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, im Nordosten von Brandenburg und im südöstlichen Schleswig-Holstein). Das zweite bedeutende Verbreitungsgebiet ist die Alpenregion. Ausgehend von Tschechien sind zudem Teile der sächsischen Mittelgebirge und des Bayerischen Waldes besiedelt. Darüber hinaus gibt es zerstreute Einzelvorkommen im Südteil der östlichen Bundesländer.

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

ungünstig-unzureichend

Prüfung und Erfassung


Verantwortlichkeit (Sachsen)

Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 1,8 %

Hinweise für Artenschutzprüfung

  • Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
  • Einzelvorkommen als Bezug für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfungen

Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung

Brutvogelaspekt

Sonstige Arten-Attribute

  • Fokusart im SPA-Management
  • Brutvogelart des SPA-Fachkonzeptes (im engeren Sinne, Tab. 1+2)
  • Triggerart (Vögel) - Brut
  • Brutvogelart der SPA-Erhaltungszieleverordnungen
  • Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
  • Brutvogelart in den SPA-Standarddatenbögen (neu) - Fortpflanzung
  • Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)

Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)

  • als Brutvogel: III.6 (mittel)
  • als Gastvogel: III.7 (mittel)

Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)

  • als Brutvogel: 3 (mittel)
  • als Gastvogel: 4 (gering)

Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)

  • als Brutvogel: 4 (relativ hoch)
  • als Gastvogel: 4 (relativ hoch)

Vorkommen


Status Etablierung

Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

Status Vögel

Brutvogel, Gastvogel

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

  • gleichbleibend
  • deutliche Zunahme

Kurzfristiger Bestandstrend

gleichbleibend

Bestand

Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 20-40 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 15-30 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 25-40 BP (Brutvogelkartierung 3)

2016: 15-20 BP (Expertenschätzung)

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Naturraumkarte

Naturraumkarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Erläuterung Phänologie

Erste singende Männchen erscheinen in den sächsischen Brutgebieten meist ab Anfang Mai. Die Hauptbrutzeit ist wahrscheinlich überwiegend im Juni und Juli. Flügge Jungvögel treten ab Ende Juni (bis Anfang August) auf. Die Brutplätze werden ab Juli verlassen. Durchzug ist vor allem in der zweiten August- und ersten Septemberhälfte festzustellen (nur noch wenige Beobachtungen im Oktober und November) (Steffens et al. 2013).

Lebensraum


Der Zwergschnäpper besiedelt alte, geschlossene, meist einschichtig aufgebaute Laub- und Mischwälder mit hohem Kronenschluss und spezifischem luftfeuchten Binnenklima (Buchen- und Buchen-Eichen-Wälder, Buchen-Fichtenwälder im Gebirge, Auwälder, artenreiche Laubmischbestände in Hanglage, naturnahe Parks und Gärten). In der Sächsischen Schweiz kommt die Art auch in mit Fichten und einzelnen Laubbäumen bewachsenen Schluchten vor.

Lebensräume nach Artenschutzrecht

Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist das Brutrevier. Dieses ist < 0,5 bis 1 ha groß (Flade 1994).

Ruhestätten:
Ruhestätten liegen zur Brutzeit im Brutrevier. Bei Fliegenschnäppern übernachten Weibchen und Junge während der Brut- und Huderzeit in der Bruthöhle und die Männchen auf Ästen in der Umgebung. Nach dem Flüggewerden schlafen auch Weibchen und Junge im Freien auf Ästen (Stiefel 1979).

Habitatkomplexe

  • Wälder

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Wälder

Höhenstufen

  • collin
  • montan
  • planar

Management


Handlungsbedarf aus Landessicht

  • Landeszielart des Biotopverbundes

Sonstiges


Literatur

Augst, U. (1996): Beobachtungen an einem Brutplatz des Zwergschnäppers (Ficedula parva) in der Sächsischen Schweiz. Mitt. Ver. Sächs. Ornithol. 8: 58-59.

Bauer, H.-G.; Bezzel, E. & Fiedler, W. (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 2: Passeriformes - Sperlingsvögel, 2. Aufl., Wiebelsheim.

Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)

Dick, W. (2008): Langjährige Brutzeitbeobachtungen des Zwergschnäppers Ficedula parva im Mittelerzgebirge. Mitt. Ver. Sächs. Ornithol. 10: 226-227.

Ernst, S. (2006): Vorkommen des Zwergschnäppers (Ficedula parva) im sächsischen Vogtland. Mitt. Ver. Sächs. Ornithol. 9: 664-667.

Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.

Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.

Glutz von Blotzheim, U. N. & Bauer, K. M. (1993): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. - Bd. 13/I Passeriformes (4. Teil). Wiesbaden.

Hagemeijer, W. J. M. & Blair, M. J. (eds.) (1997): The EBCC Atlas of European Breeding Birds: Their distribution and abundance. London.

Hermann, M.; Kafurke, B.; Kneis, P.; Nachtigall, W.; Peters, T.; Rau, S.; Rössger, F.; Steffens, R. & Straube, S. (2000): Seltene und bemerkenswerte Brut- und Gastvogelarten in Sachsen: Jahresbericht 1998 für 24 ausgewählte Vogelarten. Mitt. Ver. Sächs. Ornithol. 8: 533-552.

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Katzer, B. (1996): Weitere Brutnachweise des Zwergschnäppers (Ficedula parva) in der Umgebung von Dresden. Mitt. Ver. Sächs. Ornithol. 8: 60-61.

Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)

Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.

Stiefel, A. (1979): Ruhe und Schlaf bei Vögeln. Die Neue Brehm-Bücherei 487. Ziemsen-Verlag, Wittenberg.

Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.

Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG

Stand: 02.02.2022

Erstbearbeitung: 27.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle), Dr. Matthias Weber (Heidenau), Heiner Blischke (LfULG)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022

Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.

Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html

Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html

Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html

Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de