Symphyotrichum lanceolatum (Willd.) G.L.Nesom / Lanzettblättrige Herbstaster

Synonyme


Lanzettblättrige Waldaster, Lanzett-Herbstaster, Aster lanceolatus Willd.

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Rote Liste Sachsen:(*)

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

Die Gattung Aster i.e.S. umfasst nur noch altweltliche Arten. Die in europäische Gärten gepflanzten Arten zählen heute alle zur Gattung Symphyotrichum. S. laevis, S. lanceolatus, S. novi-belgii, S. parviflorum, S. salignus und S. x versicolor werden bisweilen unter S. novi-belgii agg. zusammengefasst, aber auch getrennt besprochen (Kowarik 2010).

Kennzeichen

Staude 0,6 bis 1,20 m hoch. Lanzettliche Stängelblätter am Grunde meist schwach geöhrt, (fast) sitzend bis stängelumfassend, unterseits wenigstens auf der Mittelrippe behaart. Blütenköpfe duftlos mit Durchmessern von 1,5 bis 2 cm. 20 bis 40 weiße oder blass lila Zungenblüten umgeben die kleinen Röhrenblüten. Die Farbe der Röhrenblüten variiert stark und ist kein Unterscheidungskriterium. Hüllblätter meist deutlich dachziegelig. Verwechslungsmöglichkeit mit S. novae-angliae und den beiden Aggregaten S. novi-belgii (S. salignum, S. novi-belgii) und S. lanceolatum (S. lanceolatum, S. parviflorum). Mit Ausnahme von S. novi-belgii sind die Arten kaum voneinander zu unterscheiden und durch viele Übergänge verbunden. Besonders die Unterscheidung von S. parviflorum und S. lanceolatum ist schwierig, da diese morphologisch nur unvollständig getrennt sind. Hilfreich zur Unterscheidung sind verschiedene Merkmale der Hüllblätter (Bestimmungsschlüssel siehe Meinert et al. 2009). Weiterhin ist die Art zu verwechseln mit Erigeron annuus.

Biologie und Ökologie

Wuchsverhalten: Starkes klonales Wachstum, dadurch Bildung von Dominanzbeständen an geeigneten Standorten
Vegetative Ausbreitung: Vegetative Reproduktion durch Rhizome
Generative Ausbreitung: Produziert bis zu 200.000 Samen (Achänen) pro Schössling
Verbreitungswege: Fernausbreitung der Samen durch Wind (Chmielewski & Semple 2001); Verdriftung der Rhizome entlang von Fließgewässern (Siedentopf 2005); weitere Ausbreitung durch Gartenabfälle in freier Natur (Hetzel 2006); im Handel (Gartenbau) verfügbar

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Östliches Nordamerika
Aktuelle Verbreitung in Europa: Expansion in Europa wird angenommen (Jedlicka & Prach 2006) (www.europe-aliens.org)
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: In allen Bundesländern selten bis zerstreut (BfN 2013), die bestimmungskritische Art ist jedoch vermutlich untererfasst (Hoffmann 1996). Als Stromtalpflanze entlang von Oder, Elbe, Weser, Rhein, Neckar, Main und Saar verbreitet (Siedentopf 2005). Der genaue Ausbreitungsverlauf ist in Deutschland unbekannt und aufgrund der kritischen Artmerkmale vermutlich untererfasst (http://www.deutschlandflora.de).

Prüfung und Erfassung


Sonstige Arten-Attribute

  • Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Gefäßpflanzen (BfN-Skripten 352)

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota, etabliert

Bemerkungen Neobiota

(*) Neobiota etabliert, stabil oder in Ausbreitung befindlich

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

Aktuelle Verbreitung in Sachsen: Im Tiefland zerstreut, sonst selten

Verbreitung und Einbürgerung

Einbürgerungszeit: Im Laufe des 18. Jh. nach Europa eingeführt, im 19. Jh. erstmals in Deutschland nachgewiesen; in Sachsen erstmals 1836 (Gutte et al. 2013)
Einbürgerungsgrad in Sachsen: Vollständig
Einbürgerungsweise: Absichtlich mit dem Gartenbau eingeführt

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Lebensraum im Herkunftsgebiet: Die Art tritt in Amerika in 5 Varietäten in unterschiedlichen Lebensräumen auf (Flora of North America); häufig auf feuchtem bis nassem Boden
Lebensraum in Sachsen: Vor allem in Staudenfluren an sonnigen, gut wasser- und nährstoffversorgten und nicht lange überfluteten Gewässerrändern von Flüssen; auch in verlichteten Auwäldern, in Weidengebüschen und frischen Ruderalfluren

Ökologische Charakterisierung

  • Laubwald, Laubmischwald
  • Offene Landschaft, Feuchthabitate

Höhenstufen

  • collin
  • montan
  • planar

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung:
• in dichten Beständen Verdrängung heimischer Arten möglich und für Brenndolden-Wiesen (Naturschutzbund NÖ 2007) bzw. Feuchtwiesen (Inula britannica, Orchideen, Frankreich, Muller 2004) belegt
• Veränderung von Vegetationsstrukturen durch starkes klonales Wachstum (Muller 2004, Toussaint & Bedouet 2005)
• Beschleunigung der Sukzession in Wiesenbrachen (Muller 2004)
• zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist keine Gefährdung heimischer Arten durch Hybridisierung bekannt

Betroffene Schutzgüter:
• Feuchte Hochstaudenfluren
• Feuchtwiesen
• Auwälder

Wirtschaftliche Beurteilung: In der Regel sind keine direkten (kalkulierbaren) wirtschaftlichen Ziele betroffen.

Negative gesundheitliche Auswirkungen: Keine gesundheitlichen Auswirkungen bekannt oder zu erwarten.

Wissensdefizite in Sachsen: Aufgrund der unsicheren Artmerkmale und fließenden Übergänge zwischen den Arten ist die Verbreitung ungenau und lückenhaft bekannt.

Fazit für Sachsen: Der genaue Ausbreitungsverlauf und somit auch das Invasionsrisiko der Art sind bislang nur unzureichend bekannt.

Management

Präventive Maßnahmen:
• Verhinderung absichtlicher Ausbringung
• Handelsverzicht und Öffentlichkeitsarbeit

Bekämpfungsstrategien: Mechanische Bekämpfung durch regelmäßige zweimalige Mahd oder Beweidung wird empfohlen (Naturschutzbund NÖ 2012)

nicht zu empfehelnde Maßnahmen: Herbizidanwendungen zur Beseitigung der Lanzett-Herbstaster werden nicht empfohlen (Schmiedel et al. 2015).

Handlungsbedarf: Die Art wird in Sachsen nach jetzigem Kenntnisstand als unproblematisch bzw. nicht invasiv eingeschätzt, so dass aktuell kein Handlungsbedarf besteht.

Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm ; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm
Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm ;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/cadenzaweb2014/commands.xhtml?Login.Anonymous</p
Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Art als nichtproblematisch oder invasiv eingeschätzt

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Gutte, P. (2001): Sachsens Neophyten – eine Übersicht. In: Brandes, D. (Hrsg.) Adventivpflanzen. Beiträge zu Biologie, Vorkommen und Ausbreitungsdynamik von Archäophyten und Neophyten in Mitteleuropa. Tagungsbericht des Braunschweiger Kolloquiums vom 3.-5. November 2000. Braunschweig, S. 151-160.
Gutte, P. (2006): Flora der Stadt Leipzig einschließlich Markkleeberg. Weissdorn-Verlag, Jena, 278 S.
Gutte, P., Hardtke, H.-J., & Schmidt, P. (2013): Die Flora Sachsens und angrenzender Gebiete. Ein pflanzenkundlicher Exkursionsführer. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 983 S.
Hardtke, H.-J., Ihl, A. (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. In: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Dresden. 806 S.
Otto, H.-W. (2012): Die Farn- und Samenpflanzen der Oberlausitz. Verzeichnis der in der sächsischen und brandenburgischen Oberlausitz wildwachsenden Gefäßpflanzen sowie der forst- und landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und der verwilderten Zierpflanzen. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz, Supplement zu Band 20, Görlitz.
Uhlmann, H. (2005): Flora Nossen/Rosswein im Klosterbezirk Altzella. Gersdorf, 248 S.

Weiterführende Literatur:
BfN (2013): Aster lanceolatus (Willd.), FloraWeb - Datenbank FLORKART, Netzwerk Phytodiversität Deutschlands. Bundesamt für Naturschutz, http://www.floraweb.de/pflanzenarten/artenhome.xsql?suchnr=693&
Chmielewski, J.G. & Semple, J.C. (2001): The biology of Canadian weeds. 113. Symphyotrichum lanceolatum (Willd.) Nesom [Aster lanceolatus Willd.] and S. lateriflorum (L.) Löve & Löve [Aster lateriflorus (L.) Britt.]. Can. J. Plant Sci. 81, S. 829-849. Flora of North America: http://www.efloras.org/florataxon.aspx?flora_id=1&taxon_id=250067656
Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart, 492 S.
Meinert, S., Ottich, I., Zizka, G. (2009): Anthropochore Aster-Arten (Asteraceae) in Frankfurt am Main. Botanik und Naturschutz in Hessen 22, S. 91-106.
Muller, S. (2004): Plantes invasives en France. État des connaissances et propositions d'actions. Museum d'Histoire Naturelle, 168 S.
Naturschutzbund NÖ (2007): Lange Luss II: Nachhaltige Bewirtschaftung im Überflutungsraum. Naturschutzfachliche Expertise erstellt im Auftrag des Distelvereins, 74 S., Anhang.
Nehring, S., Kowarik, I., Rabitsch, W. & Essl, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352. http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf  
PPP-Index (2013): Online Pflanzeneinkaufsführer. http://www.ppp-index.de
Schmiedel, D., Wilhelm, E.-G., Nehring, S., Scheibner, C., Roth, M. & S. Winter (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141/1. Bonn- Bad Godesberg, Landwirtschaftsverlag.
Siedentopf, M. (2005): Vegetationsökologie von Stromtalpflanzen (Senecionion fluviatilis) an der Elbe. – Dissertation Technische Universität Carolo-Wilhelmina Braunschweig, 296 S.
Toussaint, B. & Bedouet, F. (2005): Les espèces végétales invasives des milieux aquatiques et humides du bassin Artois-Picardie. Agence de l'Eau Artois-Picardie: 38 S., http://www.eau-artois-picardie.fr/IMG/pdf/Flore.pdf  
Walter, J., Essl, F., Englisch, T. & Kiehn, M. (2005): Neophytes in Austria: Habitat preferences and ecological effects. Neobiota 6, S. 13-25.
Zentralverband Gartenbau (2008): Umgang mit invasiven Arten. Empfehlungen für Gärtner, Planer und Verwender. Zentralverband Gartenbau, 37 S.

Links:
http://www.neobiota.de/12601.html , abgerufen am 08.06.2015
http://www.korina.info/?q=node/152 , abgerufen am 08.06.2015

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 05.07.2015; Bearbeiter: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm