Azolla filiculoides Lam. / Großer Algenfarn

Synonyme


Azolla microphylla Kaulf.

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Hybridisierung mit heimischen Arten bekannt.

Kennzeichen

Blaugrüne Schwimmpflanze, im Herbst oft rötlich, mit fiedrig verzweigten, im Umriss länglichen 1-3(-10) cm langen Blättern. Bildet bei optimalem Wachstum großflächige, teilweise übereinander geschichtete Aggregate. Verwechslungsmöglichkeit mit A. caroliniana (kleinere Pflanzen liegen im Gegensatz zu A. filiculoides lose nebeneinander).

Biologie und Ökologie

Wuchsverhalten: Der Große Algenfarn ist eine einjährige bis ausdauernde Pflanze. Sie weist eine symbiotische Beziehung zum Luftstickstoff-fixierenden Cyanobakterium Anabaena azollae auf. Dadurch ist die Art in der Lage, auch unter stickstoffarmen Bedingungen gut zu wachsen.
Vegetative & generative Ausbreitung: Ab einer Temperatur von >5 °C findet vegetative Vermehrung, oberhalb von 10 °C zudem sexuelle Vermehrung statt, die für die Ausbreitung der Art ausschlaggebend ist. Die vegetative Vermehrung tritt dann zurück.
Verbreitungswege: Fernausbreitung durch Wasservögel, Wassersport und Aquaristik

Überregionale Verbreitung

Herkunftsgebiet: Tropische bis subtropische Gebiete des amerikanischen Kontinents
Aktuelle Verbreitung in Europa: Die Art ist aus fast allen europäischen Ländern bekannt. Vor allem in (sub)atlantischen und (sub)mediterranen Gebieten  (http://www.europe-aliens.org/speciesFactsheet.do?speciesId=495).
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: Aus allen Bundesländern bekannt, jedoch unbeständig. In wintermilden Gebieten eingebürgert. Periodisch kommt es zur massenhaften Entwicklung in Altarmen des Rheines. Durch diskontinuierliche Hochwässer aus Straßburg eingeschwemmt, ansonsten in weniger warmen Gebieten eher unbeständig und auf wiederholte Ausbringung angewiesen.

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

nicht bewertet

Prüfung und Erfassung


Sonstige Arten-Attribute

  • Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Gefäßpflanzen (BfN-Skripten 352)

Vorkommen


Status Etablierung

Neobiota, nicht etabliert

Bemerkungen Neobiota

Keine Angabe in Roter Liste

Nachweisabsicherung

Nein

Bestand

Selten, einzelne Vorkommen bekannt in Düben-Dahlener Heide: Bennewitz; Leipziger Land: Leipzig; Oberlausitzer Hügelland: Großhennersdorf; Oberlausitzer Tiefland: Diesha, Baarsdorf

Verbreitung und Einbürgerung

Einbürgerungszeit: seit 1870 im Oberrheingebiet, seit 1872 in die botanischen Gärten Europas eingeführt, zwischen 1878 und 1887 in Berlin, Bonn und Gießen nachgewiesen
Einbürgerungsgrad in Sachsen: unbeständig, nicht eingebürgert
Einbürgerungsweise: v.a. durch Aquarianer ausgesetzt

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


Frei schwimmend oder auf Uferschlamm warmer, flacher, nährstoffreicher Stillgewässer in windgeschützter Lage. Gedeiht besonders gut bei Temperaturen über 20°C und hoher Lichtverfügbarkeit.

Ökologische Charakterisierung

  • Gewässer mit besonderer Struktur

Höhenstufen

  • collin
  • planar

Management


Beurteilung

Naturschutzfachliche Beurteilung:
• die Vorkommen der Art haben Einfluss auf Nährstoffdynamik und Gewässerchemismus, da die Symbiose mit der Blaualge eine Stickstoffbindung und fungizide Wirkung ausübt
• bei optimalen Wuchsbedingungen kommt es zur Ausbildung dichter Bestände. Verdrängung heimischer Wasserpflanzen unter dichten Azolla-Matten ist aus anderen Ländern bekannt (Philippi 1978, Janes et al. 1996)
• eine Förderung des Invasionsrisikos der Art durch Klimawandel wird angenommen

Betroffene Schutzgüter: Eutrophe Stillgewässer

Wirtschaftliche Beurteilung: bisher nicht untersucht

Negative gesundheitliche Auswirkungen: Keine gesundheitlichen Auswirkungen bekannt oder zu erwarten.

Wissensdefizite in Sachsen:
• aktuelle Verbreitung
• Verdrängung einheimischer Arten

Fazit für Sachsen: Der Große Algenfarn ist bisher selten beobachtet. Seine Etablierung ist in Sachsen noch nicht nachgewiesen, jedoch bei Fortdauer der milden Winter möglich.

Management

Präventive Maßnahmen:

  • absichtliche Ausbringung von Aquarienabfällen in Gewässer
  • zur Früherkennung systematisches Monitoring von Vorkommen v.a. in der Nähe von gefährdeten Biotopen (Schmiedel et al. 2015)
  • Öffentlichkeitsarbeit

Bekämpfungsstrategien: Zur Bekämpfung von Azolla filiculoides liegen aus Deutschland noch keine Informationen vor. Ein Abfischen mit kleinmaschigen Netzen ist nur bei kleinen Populationen sinnvoll (Hill & Cilliers 1999). In anderen Ländern wird vor allem eine biologische Kontrolle der Vorkommen mit dem nur auf der Gattung Azolla parasitierenden Rüsselkäfer Stenopelmus rufinasus betrieben, der seit 1928 auch aus Deutschland bekannt ist. Ob und inwieweit der Käfer die weitere Ausbreitung der Art in Deutschland verhindert, ist bislang ungeklärt, doch scheint die Käferart in Deutschland weiter verbreitet zu sein als bislang angenommen wurde (u.a. Schoolmann et al. 2009).
Handlungsbedarf in Sachsen: Aus Gründen des Naturschutzes und der Wasserwirtschaft erscheint ein Handlungsbedarf für ein Management in Einzelfällen gerechtfertigt und sinnvoll. Die Bestände sind zu beobachten und zu dokumentieren. Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm
Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/cadenzaweb2014/commands.xhtml?Login.Anonymous

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf für ein Management in zahlreichen Einzelfällen vorhanden

Sonstiges


Literatur

Sachsen:
Gutte, P. (2006): Flora der Stadt Leipzig einschließlich Markkleeberg. Weissdorn-Verlag, Jena, 278 S.
Hardtke, H.-J., Klenke, F. & Müller, F. ( 2013): Flora des Elbhügellandes und angrenzender Gebiete. Sandstein Verlag, Dresden, 718 S.
Otto, H.-W. (2004): Die Farn- und Samenpflanzen der Oberlausitz. Berichte der naturforschenden Gesellschaft der Oberlausitz. 22. Görlitz. Uhlmann, H. (2005): Flora Nossen/Rosswein im Klosterbezirk Altzella. Gersdorf, 248 S.

Weiterführende Literatur:
Bernhardt, K.-G. (1991): Zur aktuellen Verbreitung von Azolla filiculoides Lam. (1783) und Azolla caroliniana Willd. (1810) in Nordwestdeutschland. Floristische Rundbriefe 25(1), S. 14 -19.
Diekjobst, H. & Wolff, P. (1995): Das Mexikanische Eichenblatt (Shinnersia rivularis) und andere aquatische Neophyten in der unteren Erft. Natur am Niederrhein 10(2), S. 41-48.
Diewald, W. (2007): Azolla filiculoides im Einzugsgebiet der Donau in Bayern. Hoppea 68, S. 333-335.
Hill, M. P. & Cilliers, C. J. (1999): Azolla filiculoides Lamarck (Pteridophyta: Azollaceae), its status in South Africa and control. Hydrobiologia 415, S. 203-206.
Janes, R.A., Eaton, J.W. & Hardwick, K. (1996): The effects of floating mats of Azolla filiculoides Lam. and Lemna minuta Kunth on the growth of submerged macrophytes. Hydrobiologia 340, S. 23-26.
Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart, 492 S.
Nehring, S., Kowarik, I., Rabitsch, W. & Essl, F. (2013): Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertungen für in Deutschland wild lebende gebietsfremde Gefäßpflanzen. BfN-Skripten 352. http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf
Philippi, G. (1978): Veränderungen der Wasser- und Uferflora im badischen Oberrheingebiet. Beiheft Veröffentlichung Naturschutz und Landschaftspflege Baden-Württemberg, 11, S. 99-134.
Schmiedel, D., Wilhelm, E.-G., Nehring, S., Scheibner, C., Roth, M. & S. Winter (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141/1. Bonn- Bad Godesberg, Landwirtschaftsverlag.
Schoolmann, G., K. Grabow & A. Martens (2009): Von Sternschnuppen und Farnfressern: weniger bekannte Neozoen des Oberrheins.- Deutsche Gesellschaft für Limnologie, Erweiterte Zusammenfassungen der Jahrestagung 2008, S. 407-411.

Links:
http://www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/skript352.pdf http://www.floraweb.de/pflanzenarten/artenhome.xsql?suchnr=792, abgerufen am 10.04.2015
http://www.aquatischeneophyten.de/AquatischeNeophytenNRW.de/Webseiten%20neu%20deutsche%20Version/Azolla%20filiculoides.htm, abgerufen am 10.04.2015

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 07.05.2015; Bearbeiter: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);

Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de

Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm

Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm

Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm